256 Die Weltlage. § 431—432.
etwas von Kleinlichem, Eitlem, Lächerlichem an, dem auch die Besten sich nickt
entziehen konnten. ' ' '■
Fassen wir Alles zusammen: es war auf allen Gebieten des deutschen
Gebens der volle Tod eingetreten, die deutsche Reichsgeschichte war am Ende
und die deutsche _ Geschichte überhaupt schlösse hier oder hätte nur noch eine
traurige Nachperiode, wenn nicht zwei große Lebenselemente eingetreten wären:
emer toar S5er. ®e^ft der Reformation, der anfänglich im 16.
Jahrhundert als der allein mächtige den politischen Sinn überragt, fast erdrückt
hatte, der dann, m den trüben Zeiten des 17. Jahrhunderts, sich in dem bibel-
festen Stande der Bürger und Bauern als ein Geist der Geduld und des
Gottvertrauens, der Redlichkeit und Zucht geltend machte, und diese trüben
Zeiten, wenngleich kümmerlich, aufhellte und überdauerte; der aber endlich im
18. Jahrhundert in der ihm eigentümlichen Forscherlust und Geistesfreiheit
sich wieder erhob und die gesamrnte Ration, wenngleich nicht ohne manche Ver-
irrungen, auf neue, sittlich hohe und geistig bedeutende Lebenswege führte.
Das andere war die angeborene, staatenbildende Kraft des altsächsischen
Stammes (§ 99 ff., 196 ff.) die in den von demselben ausgegangenen Colo-
nteii östlich der Elbe fortlebte. Die brandenburgischen Marken, jetzt
zwar nicht minder gebeugt wie jedes andere Land, doch bald mit einer Reihe
von Fürsten beglückt, die sie zu einem Staate im wahren Sinne des Wortes
zusammenbildeten, wurden der feste Stamm, an dem das gestimmte sich geistig
wieder erneuende Deutschland seinen politischen Halt fand.
Fünfte Periode.
Vom westfälischen Frieden 1648 bis zur Gegenwart, Bildung der
brandenburgisch-preußischen Großmacht. Blüte des deutschen Geisteslebens.
Freiheitskriege.
Deutsche Natiomlgeschichie.
A. Sinken der Sitßsßiirgifchcn Monarchie, Emporwachsen
Drechens, 1648—1740.
1. Die Weltlage.
§ 432. In dem großen dreißigjährigen Kriege, der zuletzt nicht mehr
ein deutscher, sondern ein Weltkrieg gewesen, war die östreichisch-
spanische Monarchie unterlegen; die katholische Weltherrschaft derselben be-
drohte fortan Europa nicht mehr. Aber an ihre Stelle trat Frankreichs
Uebergewicht in Europa, welches von Cardinal Richelieu (§ 396) begründet,
von Cardinal Mazarin weiter befestigt, und von dem Könige Ludwig XIV.