Der große Kurfürst. Die Schlacht von Fehrbellin. § 458—460. 273
so das von Havelberg bis Brandenburg stehende feindliche Heer mitten auseinan-
der. Der linke Flügel der Schweden eilte nun, sich aus dem Sumpfgürtel des
Havelländischen Luch's hinauszuziehen und den Rhin zu überschreiten, der die
alte Grenze des Havellandes und der Grafschaft Ruppin bildet und nur we-
nige gangbare Übergangsstellen läßt. An einer derselben, bei Fehrbellin im
Lande Bellin (einem Sand-Plateau voll Kiefernwaldung) zwang sie der Kur-
fürst zum Stehen und zur Schlacht, am 18/28. Juni 1675, mit 5600 Rei-
tern, die seiner stürmischen Eile allein noch gefolgt waren, und 13 Geschützen
griff er die 11,000 Mann starken Schweden an (4000 zu Roß, 7000 zu
Fuß und 38 Geschütze). Gleich Anfangs erspähte sein scharfes Feldherrnauge
einen unbesetzten Hügel, der das Schlachtfeld beherrschte; dahin eilte er mit den
Kanonen; hier entbrannte der heißeste Kampf. Hier mußte der Kurfürst von
seinen treuen Reitern mitten aus dem ihn umringenden Feinde herausgehauen
werden; hier fiel Emanuel von Fr oben an der Seite des Kurfürsten, wie die
Sage^ es dargestellt, im schönen freiwilligen Opfertod für seinen Herrn; hier
entschied sich das Geschick des Tages glorreich für die Brandenburger. — Die
junge Macht hatte gesiegt über die Schweden, deren Kriegsruhm seit Gustav
Adolf unerschüttert bestanden; der Kurfürst hatte das Schönste vollbracht, was
Kriegern zu Theil werden kann: er hatte das Vaterland von fremder Gewalt
befreit. Sieben Tage später stand kein Feind mehr auf märkischem Boden.
Gegen Schweden ward nun der Reichskrieg erklärt, und auch Dänemark, be-
gierig nach Schwedens deutschen Ländern, Bremen und Verden (§ 414), trat
mit dem großen Kurfürsten in einen Bund.
§ 459. So unterstützt, ging Friedrich Wilhelm zum Angriff gegen die
deutsch-schwedischen Lande vor. Schon 1676 ward fast ganz Vorpommern,
dann 1677 Stettin erobert; darauf Greifswald und selbst Stralsund
(§ J94)- Um letztere Stadt zur Uebergabe zu bringen, war man mit dänischer
Hilfe nach Rügen übergesetzt, zugleich unterstützt von der kleinen Flotte, die der
Kurfürst bereits auf der Ostsee hatte. Kein Fuß breit deutschen Landes war
hier mehr schwedisch. Da kam (während Friedrich Wilhelm selbst in Westfalen
stomd, um sein Cleve gegen die vorrückenden Franzosen zu schirmen) die Nach-
rtcht, daß von Livland aus die Schweden in Preußen eingebrochen seien
(Dec. 1678). Eilig ließ er, in heftigster Winterkälte, das in Pommern stehende
Heer aufbrechen, reiste ihm, obwohl krank, selber nach und hielt im Januar 1679
zu Marienwerder die Musterung über seine 9000 Mann starken Truppen.
Schon waren die Schweden im Rückzug. Der Kurfürst ließ aus der ganzen
Gegend Schütten zusammenbringen, durch die er sein Fußvolk fortschaffte, flog
chnen nach, schnitt ihnen, indem er den geraden Weg über das gefrorene Haff
wagte, den Rückzug ab, ereilte aber nur noch die Trümmer ihres Heeres.
Von 15,000 Schweden rettete sich kaum der zehnte Theil vor der furchtbaren
Wmterkälte und der heftigen Verfolgung der Brandenburger, die bis in die
Nahe von Riga vordrangen.
§ 460. So war der Krieg überall zu Ende geführt. Aber die Verbün-
deten des Kurfürsten hatten bereits mit Ludwig XIV. ihren Frieden ohne ihn
gemacht (zu Nymwegen 1678 § 436). Es war der Neid Oestreichs, das
den bisher treu Verbündeten im Stiche ließ. Gegen Ludwig XIV. allein ge=
lassen, der alsbald Cleve, dann Mark, Ravensberg und Minden besetzte, ver-
mochte Friedrich Wilhelm nichts, und Ludwig verlangte die Zurückgabe alles
dessen, was den Schweden abgenommen war. Seufzend bequemte sich endlich
der Kurfürst, wünschend, daß aus seinen Gebeinen der Rächer erstehen möge,
der die Schmach an dem treulosen Bundesgenossen vergölte. Im Frieden von
David Müller. Geschichte des deutschen Volkes. 3. Aufl. 18