Vom Beginn des Krieges bis zur Capitnlation von Sedan. §. 745—746. 42 5
königlichen Entschlüsse. Hatte der arglistige Feind darauf gehofft, die Süd-
deutschen würden die Sache des preußischen Königs wie eine sie nichts an-
gehende betrachten, so hatte er sich weit geirrt. Baierns jugendlicher König
Ludwig, ebenso Württemberg, Baden, Darmstadt — alle beeilten sie sich,
taub gegen die französischen Lockungen und getreu dem bestehenden Waffenbündnisse
{§ 739) unter Preußens Führung in den nationalen Krieg einzutreten, und
der Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen eilte in ihre Mitte, um den
Oberbefehl über die Bundestruppen zu übernehmen. Ein einmüthiger Ruf
begeisterter Hingebung und hell aufflammenden deutschen Zornes ging durch das
Vaterland von den Alpen bis zum Meere: jetzt galt's die Wacht am Rhein
zu üben, jetzt Abrechnung zu halten für gebotene Schmach seit Hunderten von
Jahren, jetzt die Macht zu zeigen des wieder einigen deutschen Volkes.
§ 746. Äahre lang hatte Frankreich gerüstet; unvorbereitet war Preußen
und Deutschland überfallen worden. Nun aber bewährte sich die herrliche
Preußische Heerverfassung, wie sie Scharnhorst in großer Zeit gegründet, König
Wilhelm ihre Ausbildung unter so langem Widerstande durchgeführt hatte. Schon
14 Tage nach der Kriegserklärung Frankreichs stand das deutsche Heer, von
den Eisenbahnen mit der Präcision und Raschheit einer einzigen Riesenmaschine
befördert, schlagfertig am Rhein. Noch waren die Franzosen kaum zum An-
griff, den sie noch auf den alten Wegen (§ 558, § 568) nach Süddeutschland hatten
hineintragen wollen, fertig. Auch der Gegensatz eines Soldatenheeres und des
Volkes in Waffen zeigte sich klar: Die Franzosen prahlten mit ihren Regimen-
tern altgedienter Soldaten, ja mit ihren sitten- und zügellosen Horden aus
Afrika, den Turcos und Spahls: sie gingen mit lächerlichen Drohungen in den
Kampf, die Eroberung der Rheingrenze, den Einzug in Berlin, Plünderung
und Verwüstung im Voraus verkündend. In schweigendem aber furchtbar ent-
schlossenem Ernst trat ihnen das deutsche Volksheer gegenüber: hier riß sich der
Gatte von Weib und Kind, der Sohn aus den Armen der Eltern, der Mann
von seinem Beruf, der Jüngling von Schule und Universität los: aber den
heißen Schmerz überwaltete der hohe Ernst der Pflicht und die begeisterte Liebe
zum Vaterland. Hier standen Schulter an Schulter der Bauer und der Edel-
mann, der Sohn des Handwerkers und des Ministers, und mitten im Volke
hochragend die Prinzen des Hohenzollernschen Heldenstammes und edle deutsche
Fürsten und Fürstensöhne. Es war wieder wie in den waffenglänzenden Tagen
Barbarossas, wie in der heiligen Erhebung von 1813. Ein solches Heer
konnte, bei einer gerechten Sache, die Gott schirmt, mit freudiger Siegeshoffnung
ziehen — und Gott gab Sieg und einen Erfolg, weit über die kühnsten Hoff-
nungen unseres auch in den Tagen der Begeisterung noch bescheidenen und ge-
mäßigten Volkes hinaus.
9. Vom Beginn des Krieges bis zur Capitnlation von Sedan.
§♦ 747- Drei große Armeen waren gebildet, welche den sich in zwei
Armeen formirenden Franzosen gegenübertreten sollten. Die dritte Armee,
bestehend aus den Baiern, (2 Corps), den Württembergern und Badenern
und dem 5. und 11. preußischen Armee-Corps, stand unter der Führung,
des Kronprinzen von Preußen, dessen Hauptquartier vorläufig in Speyer
war; ihm gegenüber stand im Elsaß, diesseits der Linie der Vogesen,
die französische Armee Mac-Mahons. Die zweite Armee, geführt vom
Prinzen Friedrich Karl von Preußen, nahm ihr vorläufiges Hauptquartier in
Mainz. Zu ihr begab sich am 31. Juli der König Wilhelm, begleitet