64 Die Deutschen. 1. Deutsche Stammesgeschichte. §§ 68.69.
Thaten und Deines Lebens Ende ist nahe!" Er kehrte um, unter-
wegs stürzte er mit seinem Roß und starb, ehe er Mainz erreichte.
3. Sein Bruder Tiberius übernahm nach ihm den Befehl im
nördlichen Germanien. Dieser wußte schlau die Uneinigkeit der ger-
manischen Stämme untereinander zu nähren, wußte bei ihren Führern
Ehrgeiz und Habsucht zu wecken, und konnte sich bald rühmen, durch
seine römischen Künste bei den Deutschen mehr ausgerichtet zu haben,
als des Drusus siegreiche Waffen.
§ 69. Arminius. 1. Seine Nachfolger traten in seine Fußstapfen,
und so schnell vollzog sich der Deutschen Unterwerfung, daß Quinc-
tilius Varus es wagte, die Stämme des nördlichen Deutschlands
schon ganz wie die Bewohner einer römischen Provinz zu behandeln.
Sie zahlten Tribut, sie wurden nach römischem Recht gerichtet, sie
sahen in ihren freien Wäldern die Beile und die Rutenbündel der
römischen Liktoren. Da regte sich der Trotz und Zorn des schon
zu lange geduldigen Volkes. Ein junger Eheruskensürst Armin
verband die Stämme an der Weser zu einer Eidgenossenschaft, um
die Römerherrschaft zu stürzen.
2. Varus stand indessen mit drei Legionen in seinem Sommerlager
an der Weser. Er wähnte sich vollkommen sicher und verachtete die
Warnung des ihm ergebenen Eheruskensürsten Segestes. Als sich,
der Verabredung der Eidgenossen gemäß, zuerst ein kleiner sernwoh-
nender Stamm empörte, brach Varus mit den Legionen zu seiner
Unterwerfung auf, ja ließ sich von Armin mit deutschen Hilfstruppen
9 n. Chr. begleiten. Aber im „Teutoburger Walde" umringte ihn plötzlich
das gesamte Aufgebot der verschworenen Völkerschaften. Zwei Tage
widerstanden die Römer, dem Rhein zurückend, dem Schlachtengrimm
des deutschen Landsturms, wie dem Regen, dem Wind und den furcht-
baren Waldwegen, am dritten unterlagen sie, ihre Adler gingen ver-
loren, Varus selbst stürzte sich in sein Schwert. Gegen die Gefangenen,
besonders die römischen Advokaten, wütete die Rache der Deutschen.
„Varus, Varus, gieb mir meine Legionen wieder!" rief der greise
Augustus bei der Kunde von der Niederlage und zerraufte sich im
Schmerze das Haar. Rom zitterte vor einem möglichen Angriff der
Germanen, doch begnügten sich diese frei zu sein.
3. Leider verdarb bald die Zwietracht der Deutschen die Früchte
des Sieges. Schon wenige Jahre nachher drang Germanicus,
des Drusus Sohn, auf demselben Wege wie sein Vater wieder in
das Innere Deutschlands vor (14—16). Ja Armins Gemahlin,
Thusnelda, geriet damals in die Gewalt der Römer. Der eigene