Full text: Leitfaden für den Geschichtsunterricht in den oberen Klassen höherer Töchterschulen

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erschöpfliche Massen Weins aus der weinreichen Landschaft herbei¬ 
geführt hatten. Und nicht anders war es mit Getreide, Brot, 
Schlachtvieh und Geflügel. Damit man aber von dem unbeschreiblichen 
Aufwands sich einen Begriff machen kann, will ich nur eins der 
geringsten Dinge anführen, um davon auf die größeren schließen 
zu lassen. Es waren dort zwei große Häuser errichtet, in welchen 
sich große Räume befanden, die durchweg mit Querstangen versehen 
waren. Diese Häuser waren von unten bis oben mit Hähnen 
und Hennen angefüllt, so daß kein Blick durch sie hindurchzudringen 
vermochte, zur größten Verwunderung vieler, welche kaum geglaubt 
hatten, daß soviel Hühner überhaupt vorhanden wären. J Wohl 
bedurfte man so gewaltiger Vorräte, denn drei Tage lang sollte die 
Masse der Fürsten uud Edlen, der Einheimischen und Fremden 
als Gäste des Kaisers bewirtet werden. Und welche Menschen¬ 
massen waren außer den geladenen Gästen noch zu erwarten! 
Fahrende Sänger und Dichter, Spielleute und Gaukler wurden 
durch die Festlichkeiten aus weiter Ferne herbeigelockt, in der 
Hoffnung, von der Freigebigkeit des Kaisers und der Fürsten reichen 
Gewinn zu haben. Auf siebzigtausend schätzte man die Zahl der 
Ritter nnd Krieger, und dazu kam noch das Heer der Geistlichen 
und der Leute niederen Standes. 
Am ersten Pfingftfeiertage schritt Kaiser Friedrich mit seiner 
Gemahlin Beatrix im Schmucke des kaiserlichen Stirnreises in 
feierlicher Prozession und geleitet von einem glänzenden Gefolge 
zu der in der Mitte des Lagers errichteten Kirche. Mit der 
königlichen Krone auf dem Haupte folgte ihnen König Heinrich. 
In ebenso stattlicher Prozession verließen sie auch nach der Messe 
die Kirche. Glänzende Gastmähler schlossen den ersten Festtag, 
bei welchem den Dienst des Mundschenken und des Truchseß, des 
Marschalls und des Kämmerers die Fürsten des Reichs in eigener 
Person bei dem Kaiser versahen. Am folgenden Tage fanden nach 
der Frühmesse glänzende Ritterspiele und Waffeuübungen statt, bei
	        
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