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b) Die Strafkammern der Landgerichte (be¬
setzt mit fünf Richtern). Sie sind in erster und alleiniger Instanz
zuständig für Vergehen, die nicht vor das Schöffengericht gehören,
und für Verbrechen, die nicht den Schwurgerichten vorbehalten
sind (das find solche, die mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren be¬
straft werden), sowie für alle Verbrechen jugendlicher (noch nicht
18 Jahre alter) Personen.
c) Die Schwurgerichte (bestehend aus drei richter¬
lichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden). Sie urteilen
über schwere Verbrechen. Bei den Schwurgerichten wirken 12 Ge¬
schworene i) aus dem Volk mit, die lediglich die Schuldfrage mit
„Ja" oder „Nein" zu entscheiden haben.
d) Das Reichsgericht in Leipzig (Strafsenate). Es
entscheidet erst- und letztinstanzlich über Hoch- und Landesverrats¬
sachen.
Gegen die Strafurteile der Strafkammern und Schwur¬
gerichte gibt es keine Berufung. Sie können aber durch das
Rechtsmittel der Revision angefochten werden, und zwar im
Falle unrichtiger Anwendung der Gesetze.
In diesem Falle entscheiden:
1. die Strafsenate der Oberlandesgerichte
(besetzt mit fünf Richtern in dritter Instanz für die
Schöffengerichte bei Urteilen, die die Strafkammern der
Landgerichte in zweiter Instanz gefällt haben)'
2. das Kammergericht für den ganzen Umfang der
Monarchie:
a) als dritte und letzte Instanz für Schöffengerichtsent¬
scheidungen, falls der Gegenstand der Untersuchung eine
nach Landrecht strafbare Handlung ist;
b) als .zweite Instanz bei Urteilen der Strafkammern,
wenn es sich um Verletzung landesgesetzlicher
Bestimmungen handelt;
3. das Reichsgericht in Leipzig, falls gegen eine reichs¬
gesetzliche Norm, namentlich gegen das Strafgesetzbuch des
H Die als Geschworene geeigneten Personen werden bei Ge¬
legenheit der Auswahl der Schöffen (vgl. Fußnote S. 98) von den bei
den Amtsgerichten zusammentretenden Ausschüssen zugleich vorge¬
schlagen. Aus ihnen wählt das Landgericht die für das nächste Jahr
erforderliche Anzahl von Geschworenen aus. Für jede Schwurgerichts¬
session werden kurz vorher 30 Geschworene ausgelost. Sie müssen zu
Beginn jeder einzelnen Sitzung erscheinen und aus ihnen wird nun
durch das Los die aus 12 Geschworenen bestehende Geschworenenbank
gebildet. Der Staatsanwalt und die Verteidiger haben die Befugnis,
eine gleiche Anzahl von Geschworenen alsbald nach der Auslosung ohne
Angabe eines Grundes abzulehnen.
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