60
Die Römer.
§§ 63. 64.
herein. Die kaiserliche Leibwache der Prätorianer verkaufte den Thron
förmlich an den Meistbietenden, bis die Heere in den Provinzen,
eifersüchtig auf ihre bevorzugten Kameraden, nun auch ihrerseits ihre
Führer zu Kaisern machten. Der Stärkste und Rücksichtsloseste trug
die Krone davon, um sie samt dem Leben zu verlieren, wenn ein
Stärkerer und Rücksichtsloserer sich fand. Um die Soldaten sich ge-
neigt zu erhalten, erpreßten die Kaiser von ihren Unterthanen Un-
summen. „Niemand darf Geld haben außer mir, auf daß ich es
den Soldaten schenken kann", dieser Ausspruch eines solchen Kaisers
bezeichnet die Lage der Dinge deutlich genug.
2. Während dieser inneren Wirren und des unaufhörlichen Druckes
waren die Grenzgebiete des Reiches beständigen Angriffen der gerade
damals erstarkenden Feinde ausgesetzt. Im Orient erhob sich 226
*auf den Trümmern des Partherstaates das neupersische Reich
der Sassaniden zu großer Macht. Die Germanen, zu Völker-
bünden zusammengeballt, warfen sich auf der ganzen Linie vom
Winkel zwischen Rhein und Donau bis zur Donaumündung auf das
römische Reich, namentlich die Alamannen an der oberen, die
Goten an der unteren Donau wurden furchtbare Feinde.
3. Erst in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts beginnt eine Besse-
rung der Zustände. Tüchtige Herrscher wie Aurelian und Probus
schaffen nach innen bessere Ordnung, nach außen größere Sicherheit,
aber noch ist das Soldatentum zu verwildert, um so ohne weiteres
seine Zuchtlosigkeit unterdrücken zu lassen. Gerade die besten Kaiser
fallen unter der Soldaten Mordstahl. Es bedurfte einer voll-
kommenen Neuordnung des Staates.
§ 64. Diokletian und Konstantin. Das Christentum im
Römerreiche. 1. Diese Neugestaltung des Reiches brachte Diokletian
300. (um 300). Er erkannte, daß Rom nicht mehr der alleinige Mittel-
punkt des Staates sei, daß Sonderinteressen der einzelnen Landschaften
auch Sonderbehandlung verlangten. Er führte also eine Teilung des
Reiches in vier Regierungseinheiten herbei, an deren Spitze Augusten
und Cäsaren standen, während er selbst der Oberherr blieb, der
Kaiser, der Inhaber einer Macht, die mit einer Fülle von Ceremoniell
umgeben ward, genau so wie die orientalischen Herrscher das waren.
Unnahbar war der Kaiser, umgeben von einem sorgfältig gegliederten
Hofadel, angebetet vom Volke.
2. Daß ein Teil des Volkes, die Christen, dieser Anbetung sich
aufs entschiedenste widersetzte, machte wohl zuerst den Kaiser auf-
merksamer auf diese Religionsgemeinschaft, die trotz einzelner Ver-