Der Große Kurfürst.
137
von Schweden in dem Vertrag zu Königsberg, Preußen von ihm zu
Lehen zu nehmen und ihn gegen die Polen zu unterstützen. Denn inzwischen
waren die Erfolge der Schweden ebenso schnell verloren, als sie gewonnen
waren; aus allen festen Plätzen waren ihre schwachen Besatzungen ver-
trieben worden. Darauf zogen Karl Gustav und Friedrich Wilhelm gegen
Johann Kasimir und besiegten ihn 1656 in der Schlacht bei Warschau.
Es ist der erste große Waffenerfolg, den die brandenburgischen Truppen
mit erfochten. Ihr Führer war General Graf Sparr. Da sich aber Karl
Gustavs Lage nicht verbesserte, gestand er Friedrich Wilhelm, um ihn fester
an sich zu knüpfen, im Vertrag zu Labiau 1656 die Souveränität,
d. h. die lehnsfreie Herrfchaft, über Preußen zu. Inzwischen
erklärten sich Rußland, Dänemark und der Kaiser gegen Schweden, und
Karl X. wurde genötigt, in sein eigenes Land zurückzukehren, um es gegen
die Dänen zu verteidigen.
Nun wünschte der Kaiser Ferdinand III. seinem Sohne Leopold
die Nachfolge im Reich zu verschaffen und bedurfte dazu die branden-
burgische Kurstimme. Um diese zu gewinnen, söhnte er Friedrich Wilhelm
mit Johann Kasimir aus. Nachdem 1657 im Vertrage zu Wehlau dem
Kurfürsten auch von feiten Polens die Souveränität zugestanden worden
war, nahm er an dem Krieg gegen Schweden teil und führte feine Truppen
auf die dänischen Inseln. Nach dem Tode Karls X. 1660 wurde der Friede
von Oliva geschlossen. Beide Könige, sowohl der von Schweden wie der
von Polen, bestätigten Friedrich Wilhelm die Souveränität von Preußen.
War der Kurfürst bis dahin nur ein Fürst des Reiches gewesen, so
trat er von nun an in den Kreis der selbständigen, nnab-
hängigen Herrscher in Europa.
§ 147. Zwölf Friedensjahre. In den nächsten Jahren hatte der
Kursürst mit den Ständen in seinen verschiedenen Landen zu kämpfen.
Die Stände bildeten die Geistlichkeit, der Adel und die Vertreter
der Städte. Diese traten zu Landtagen zusammen und hatten das
Recht, die für außergewöhnliche Ausgaben, z. B. Vermehrung des Heeres,
nötigen Geldsummen zu bewilligen. Sie ließen sich hierzu niemals
bereit finden, wenn ihnen nicht von feiten des Landsherrn größere oder
kleinere Zugeständnisse gemacht wurden. Die Stände in Preußen, unter
denen die Vertreter ber drei Städte Königsberg (Altstadt, Kneiphof
und Löbenicht) die wichtigsten waren, erhoben nach dem Frieden von
Oliva in entschiedener Weise Verwahrung dagegen, daß dem Kurfürsten
ohne ihre Zustimmung die Souveränität in Preußen übertragen
worden sei. Ihr Widerspruch wurde so zähe festgehalten, daß der Kurfürst
schließlich mit Gewalt gegen ihre Führer, den Schöppenmeister Hierony-
mus Rhode und den Obersten von Kalkstein, einschreiten mußte.
Unter den Bewohnern der einzelnen Länder des Kurfürsten bestand
noch kein Gesühl der Zusammengehörigkeit. Die Bewohner von Kleve