Full text: Das Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons, Die Zeit vom zweiten Pariser Frieden bis zur Gegenwart (Teil 3)

Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschlands 
61 
Ansprüche auf die Herzogtümer Holstein und Schleswig erhob der 
Herzog Friedrich von Augustenburg. Österreich sah sie als berechtigt 
an; Preußen würde ihrer Erfüllung nichts in den Weg gelegt haben, 
wenn sich der Herzog zu einem engen und festen Bündnis verstanden, 
den wichtigen Hafen Kiel der preußischen Marine überlassen und den Bau 
des Nord-Ostsee-Kanals gestattet hätte. _ Auf diese Bedingungen ging der 
Herzog nicht ein. Gleichwohl duldete Österreich, daß der Herzog in Kiel 
eine Nebenregierung führte und die Bevölkerung zu seinen Gunsten er- 
regt wurde. Hierin sah Preußen einen Bruch des Gasteiner Vertrages 
und ließ Holstein durch General von Manteuffel besetzen. Wegen dieses 
Schrittes beantragte Österreich in Frankfurt a. M. den Bundeskrieg 
gegen Preußen, und als der Antrag am 14. Juni 1866 angenommen 
wurde, erklärte der preußische Gesaudte, daß der Beschluß der Ver- 
sassung des Bundes widerspreche und der Bund damit aufgelöst sei. 
Sofort begannen die offenen Feindseligkeiten. 
Es fchien, als ob Preußen im Nachteil fei. Denn zu Österreich 
hielten die größeren Bundesfürsten, die Könige von Sachsen, Hannover, 
Bayern und Württemberg, ferner Baden, Kurheffen, Hessen-Darmstadt, 
Nassau, Meiningen, während ans seiten Preußens nur Mecklenburg, 
Oldenburg, die meisten Thüringischen Herzogtümer und die kleinen, von 
preußischen Gebieten ganz umschlossenen Staaten standen. Konnte schon 
Österreich allein ein größeres Heer als Preußen aufbringen, so wuchs seine 
Überlegenheit noch bedeutend, wenn man die Kontingente feiner Bundes- 
genossen hinzurechnete. Außerdem aber schien Preußen die Truppen seiner 
westlichen Provinzen mit denen der östlichen nicht vereinigen zu können. 
In Preußen dagegen verließ man sich auf die bessere Organisation, 
auf die vortreffliche Manneszucht und Ausbildung, auf die Bewaffnung 
mit dem von Dreyse erfundenen Zündnadelgewehr und endlich „auf den 
opfermutigen Geist der Söhne und Enkel der Freiheitskämpfer", an die 
sich der Aufruf des Königs vom 18. Juui, dem Tage von Belle-Alliance, 
wendete. Endlich schloß Preußen mit Italien einen Vertrag, durch den 
sie sich zu gemeinsamer Kriegführung gegen Öfterreich verpflichteten, das da- 
her einen fehr bedeutenden Teil feines Heeres im Süden verwenden mußte. 
b) Die Besetzung der Nachbarstaaten Preußens. Am 15. Juui richtete 
Preußen an die Beherrscher der drei ihm benachbarten größeren Staaten 
Sachsen, Hannover und Kurhessen die Aufforderung, von dem am vorher- 
gehenden Tage gefaßten Buudesbeschluß zurückzutreten und ihre Truppen 
auf Friedensfuß zu setzen, und verbürgte ihnen, wenn sie darauf eingingen, 
ihre Souveränität und ihr Gebiet. Da diese Vorschläge abgelehnt wurden, 
rückten am 16. Juni preußische Truppen in diese drei Länder ein und 
besetzten sie fast ohne Kampf. Die hannoversche Armee, etwa 20000 Mann 
stark, mit König Georg V. an der Spitze, zog über Göttingen bis in die 
Gegend von Langensalza in der Absicht, sich mit den süddeutschen 
Truppen zu vereinigen. Hier wurde sie nach rühmlichem Gefecht gegen die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.