Full text: Griechische und römische Geschichte (H. 1)

§4. 
Erste Periode. Begründung der staatlichen Verhältnisse. 
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Wie viele männliche und wie viele weibliche Gottheiten gehören zum Zwölf- 
götterkreise? Welche sind mehr Naturgottheiten, und welche werden mehr auf 
menschliche Verhältnisse bezogen? 
6. Von den untergeordneten Gottheiten sind außer dem schon ge- 
nannten Dionysos folgende die 'wichtigsten. Themis, die Göttin der 
Gerechtigkeit, wurde mit Wage und Schwert dargestellt. Die buntfarbige 
Iris ist die Göttin des Regenbogens und Dienerin der Hera. Mit 
Blumen und Früchten bekränzt erscheinen die drei Hören, die Göttinnen 
der Jahreszeiten. Die neun Musen, die Begleiterinnen Apollons, be- 
schützen Künste und Wissenschaften, besonders die Dichtkunst. Herr der 
Winde ist Äölos, und das Erscheinen des Sonnengottes verkündet 
morgens die „rosenfingerige" Eös. Auch kannten die Griechen Schick- 
salsgöttinnen, Göttinnen der Anmut, eine Siegesgöttin und einen Gott 
der Liebe. 
7. Die Unterwelt. Keiner dieser Götter kann die Unterwelt, das 
Reich des Todes, betreten. Doch führt Hermes die Seelen der Ver- 
storbenen bis an die Grenze, den Fluß Styx. Sie fahren in einem 
Boote hinüber und zahlen dem Fährmann einen Obolus (13 Pf.). Drüben 
trinken sie aus Lethe, dem Quell der Vergessenheit, und führen im Hades 
ein Schattenleben. Besondere Lieblinge der Götter wohnen auf der Insel 
der Seligen, Elysium. Verbrecher (Tantalos, die Dana'iden) erleiden 
ewige Strafe. Der Herrscher der Unterwelt ist der Gott Pluton. Zu 
seinem Gefolge gehören die Rachegöttinnen, die schlangenhaarigen, zähne- 
fletschenden Erinnyen. 
8. Die Totenbestattung. Da die Seele nach allgemeinem Glanben 
ruhelos am Ufer des Styx umherirren mußte, solange der Leichnam nicht 
bestattet war, war die Totenbestattung eine heilige, religiöse Pflicht. 
Beide Arten, das Verbrennen und das Begraben, waren (tote auch bei 
den Römern) nebeneinander in Übung. Die Gräber befanden sich ge- 
toöhnlich an den Landstraßen vor den Toren der Städte. Hier waren 
sie eine Mahnung für die Vorübergehenden, und die Inschriften und 
bildlichen Darstellungen auf den Grabsteinen sorgten dafür, daß die Ab- 
geschiedenen nicht vergessen wurden. 
9. Das delphische Orakel. Groß war das Verlangen der Griechen, 
in die Zukunft zu sehen. Vor allen besaß die Gabe der Weissagung 
der Lichtgott Apollon. Daher wanderte, wer für die Zukunft nützliche 
Weisungen und Ratschläge haben wollte, mit Vorliebe nach dem Tempel 
dieses Gottes in Delphi. Hier faß auf ehernem Dreifuß über dem 
„Munde der Erde", aus dem aufregende Dünste aufstiegen, die Pythia 
in langem, weißem Gewände und mit goldenem Haarschmuck und ver- 
kündete göttliche Weisheit. Die Priester brachten diese Orakelsprüche in 
Verse, die oft dunkel und zweideutig waren, und nahmen die Geschenke 
für den Gott in Empfang.
	        
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