Full text: Die Zeit der Religionskämpfe und die Zeit der unumschränkten Fürstengewalt, Brandenburgisch-Preußische Geschichte (H. 3)

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Quellensätze. 
Köche machen .... Ich esse das ganze Jahr zu Mittag mutterallein, eile mich soviel 
möglich, denn es ist verdrießlich, allein zu essen und zwanzig Kerls um sich zu haben, 
so einem ins Maul sehen und alle Bissen zählen; esse deshalb in weniger als einer 
halben Stunde; nachts esse ich mit dem König, da sind wir fünf oder sechs an Tafel, 
jedes ißt vor sich weg wie in einem Kloster, ohne ein Wort zu sagen, als ein paar 
Worte heimlich an seinen Nachbar. 
10) Es scheint jetzt, daß bei uns der Mischmasch abscheulich überhandgenommen, 
also daß der Prediger auf der Kanzel, der Sachwalter auf der Kanzlei, der Bürgers- 
mann im Schreiben und Reden mit erbärmlichem Französisch sein Deutsch verdirbt. 
Mithin es fast das Ansehen gewinnen will, wenn man so fortfährt und nichts dagegen 
tut, es werde das Deutsche in Deutschland selbst nicht weniger verloren gehen als das 
Angelsächsische in England. Gleichwohl wäre es ewig schade und Schande, wenn unsere 
Haupt- und Heldensprache dergestalt durch unsere Fahrlässigkeit zugrunde gehen sollte, 
was fast nichts Gutes ahnen ließe, weil die Annehmung einer fremden Sprache ge¬ 
meiniglich den Verlust der Freiheit und ein fremdes Joch mit sich führt. (Leibniz.) 
11) Aus einem Gesuche der brandenburgischen Stände, worin sie den 
Kurfürsten um Verminderung der Truppen bitten. Bishero haben die Soldaten den 
armen Leuten die Tränen ausgepreffet; nun wir in die Hand der Obrigkeit geraten, 
wollen wir nicht hoffen, daß dergleichen Sünde und Unglück uns treffen werde; denn 
der Bedrängten Tränen fließen zwar die Wangen herunter, sie steigen aber über sich 
und schreien zu dem, der aller Elenden Vater ist, und können nimmermehr dem, der sie 
elicieret, znm besten kommen. E. K. D. wissen die Not Dero armen Untertanen, und da 
Sie daran einigen Zweifel hätten, so können Sie es durch Ihre Haupt- und Amtsleute 
sattsam erfahren. Der andern Untertanen, so dem Adel und andern zustehen, Condition 
ist nicht besser, sondern sie feint) alle zu solcher Decadence geraten, daß es eine Gewissens¬ 
sache ist, wenn man ihnen mehr auflegen oder sie in vorigen Pressuren wollte stecken lassen. 
12) Der Große Kurfürst an Ludwig XIV. vor dem Abfchluffe des Friedens zu 
St. Germam *): 
Mein sehr geehrter Herr Vetter! 
Unmöglich ist es, daß Ew. Majestät nach der Klarheit des großen Geistes, womit 
Gott Sie begabt hat, nicht leicht die Mäßigung und das Recht meiner Ansprüche ein- 
sähe und also diesem Edelsinn und dieser Größe der Seele Gewalt antäte, um mich zu 
Friedensbedingungen zu zwingen, die für mich unbillig und schimpflich sein würden. 
Gott der Gerechte, der das Recht meiner Sache sieht, hatte durch das Los der 
Waffen zu meinen Gunsten über ganz Pommern entschieden; Ew. Majestät läßt mich 
den besseren Teil davon zurückgeben, den ich in Ihre Hände gebe, um den Rest zu be¬ 
halten, der gar gering ist im Vergleich zu alledem, was ich um den Einsatz meines 
Blutes und durch den Ruin aller meiner Untertanen gewonnen hatte. . . . Ich verstehe 
wohl, daß Ihre Minister mir das Interesse Ihres Ruhmes entgegensetzen, und ich 
weiß, daß derselbe ein mächtiger Beweggrund zum Handeln für eine große Seele ist; 
aber Sie werden mir erlauben, Sie daran zu erinnern, daß die Gerechtigkeit den Ruhm 
erzeugt und festsetzt, und da diese ganz auf meiner Seite ist, ein größerer und sicherer 
Ruhm zu erwerben ist durch Unterstützung eines gerechten und mäßigen Anspruchs als 
durch Begünstigung eines solchen, der nichts weniger ist als das. Und gewiß, wenn 
Ew. Majestät das Urteil des ganzen übrigen Europas neben demjenigen hören könnte, 
welches das Interesse zn meinen Feinden fortreißt, so bin ich versichert, daß Sie als- 
bald zn meinen Gunsten entscheiden und dadurch dem Urteil der nicht interessierten 
Nachwelt zuvorkommen würden. — Monseigneur usw. 
Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg. 
13) Als Beispiel diene ein Abschnitt aus der Instruktion für das General- 
direktorinm (eigentlich: General-Ober-Finanz-, Kriegs- und Domänen-Direktorium); 
vgl. dazu § 97,1 e. 
*) Die Urschrift ist in französischer Sprache abgefaßt. Nach Zurbonsen, Quellenbuch zur branden- 
burgisch.preußischen Geschichte.
	        
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