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Brandenburgisch-Preußische Geschichte.
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zurückweichen (zuletzt bei Gransee in der Nähe von Neu-Ruppin), aber
schließlich behauptete er sich glücklich gegen alle Feinde und behielt im
Frieden von Templin fast alle seine Besitzungen.
1320. Bald nach dem frühen Tode Waldemars starb auch sein unmündiger
Vetter, der letzte Sprößling des Askanischen Hauses, das für das Auf-
blühen Brandenburgs so viel getan hatte.
Die Markgrafen von Brandenburg regierten unabhängiger als die
meisten anderen deutschen Fürsten; sie übten die Gerichtsbarkeit in ihrem
eigenen, nicht in des Kaisers Namen, und entrichteten dem Reiche keine
Abgaben. Sie waren ferner die rechtmäßigen Obereigentümer des Landes:
daher verlangten sie von den deutschen Bauern Grundzins, von den Rittern
Waffendienst. Sie erhoben endlich als Landesherren eine allgemeine Ver-
mögensstener, die Bede. Sie war nach dem Ertrag der Hufen abgestuft,
wurde aber auch von den Handwerkern ohne Landbesitz gezahlt.
Die Lage der deutschen Bauern hat sich im Laufe der Entwick-
lung verschlechtert: der Markgraf veräußerte Rechte, die ihm als Ge-
richts- und Grundherrn der bäuerlichen Bevölkerung gegenüber zustanden,
teilweise an die Ritter: so konnten diese allmählich die Bauern zu ihren
„Untertanen" machen. Derartige Bestrebungen glückten besonders in der
Zeit nach dem Aussterben der Askanier.
3. Die Wittelsbacher, 1333—1373. Nach dem Aussterben des
Askanischen Hauses folgten drei herrenlose Jahre, in denen benachbarte
Fürsten sich Teile der Mark aneigneten und die Raubritter die öffentliche
Sicherheit gefährdeten. Es gab ja keinen Kaiser, der sich des verwaisten
Landes hätte annehmen können, sondern nur zwei Gegeukönige, die sich
um die Krone stritten. Als Ludwig von Bayern mit seinem Gegner fertig
geworden war, benutzte er die Lage in der Mark, um seine Hausmacht
1323. zu vergrößern, und verlieh das Land als erledigtes Reichslehen 1323
seinem achtjährigen Sohne Ludwig I. Es wurde eine Regentschaft für
ihn eingesetzt, aber sie vermochte weder die verheerenden Einfälle der Polen
abzuwehren noch sich im Innern überall Geltung zu verschaffen. Die
Feindschaft zwischen Kaiser und Papst bekam auch Brandenburg zu spüren.
Markgraf Ludwig selbst wurde mit dem Banne belegt, und auf den
Städten Berlin und Kölln lastete mehrere Jahre das Interdikt.
Ludwig, seit 1347 auch Herzog von Bayern, war häufig außer Landes
und machte sich auch durch sein hoffärtiges Auftreten unbeliebt. Mit
Sehnsucht dachte das Volk an die geordneteren Zustände unter den Aska-
1348. niern zurück. _ Da erschien 1348 vor dem Erzbischof von Magdeburg ein
aus dem Heiligen Lande zurückgekehrter Pilger und gab an, er sei der
Markgraf Waldemar. Er beglaubigte seine Aussage durch Waldemars
Siegelring und durch seine Bekanntschaft mit dessen Familiengeheimnissen.
Der Erzbischof schenkte diesem falschen*) Waldemar Glauben, andere
*) Eine spätere Chronik berichtet, der Betrüger sei ein Müllergeselle, namens
■ütttob Rehbock, gewesen.
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