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Die Neuzeit.
7. Friedrich der Große als Reichsfürst. Als die bayrische Linie des
Hauses Wittelsbach ausstarb, suchte Österreich sein Gebiet durch Bayern
zu vergrößern. Friedrich der Große widersetzte sich diesem verfassungswidrigen
Plan und ließ ein Heer in Böhmen einrücken. Nach einigen Scharmützeln
(„Kartoffelkrieg") war Maria Theresia zum Nachgeben bereit, und der
1779. bayrische Erbfolgestreit wurde 1779 durch den Frieden zu Teschen
beendet, in welchem sie das Land dem rechtmäßigen Erben, dem Kurfürsten
Karl Theodor von der Pfalz, überließ. Als später ihr Sohn und Nach-
folger Joseph II. abermals den Versuch wagte, Bayern an sein Haus zu
1785. bringen, stiftete Friedrich 1785 zum Schutzeder Reichsverfassung den deutschen
Fürstenbund, so daß Österreich von seinem Plane abstehen mußte.
3. Friedrich der Große und die Stände. Die Aufrechterhaltung der
bestehenden Trennung der drei Stände: Adel, Bürger und Bauern, hielt Friedrich
sür das Gedeihen des Staates für notwendig, so wenig auch die Bevor-
zugung des Adels und die drückende Lage der Bauern im Sinne der Auf-
klärung war. Er ließ daher dem Adel den Alleinbesitz der Rittergüter
und die höheren Stellen im Staats- und Heeresdienste. Als Menschen-
freund aber sorgte er auch für die Bauern: er schützte sie gegen Gewalttaten
ihrer Gutsherren und verminderte die harten Frondienste.
9. Friedrich der Große und die deutsche Litteratur. Die Thaten des
großen Königs wirkten nicht nur unmittelbar befruchtend auf die deutsche
Litteratur (Gleims Kriegslieder, Lessings Minna), sondern sie gaben auch
der ganzen Nation Selbstvertrauen wieder und trugen dadurch dazu bei,
daß auch die Dichtung selbständiger wurde. Wie Friedrich bei Roßbach
den Franzosen eine Probe deutscher Kriegskunst gab, so beleuchtete Lessing
in der Hamburgischen Dramaturgie die ganze Nichtigkeit der französischen
Dichtkunst, und die Nachahmung des Auslandes hörte auf, seit unsere
Dichterfürsten zeigten, daß die deutsche Dichtung der höchsten Vollendung
fähig sei. Und doch blieb ihr die Gunst des großen Königs, dem die da-
malige Sprache zu schwerfällig war, und der die litterarischen Erscheinungen
seiner Zeit nicht nach Verdienst würdigte*), versagt. Nur Gellert gefiel ihm**).
*0. Sein Ende. Mit den zunehmenden Jahren vereinsamte der „Philo-
soph von Sanssouci" immer mehr. Die heiteren Gastmähler und Konzerte
hatten aufgehört, aber nicht die strenge Arbeit des Königs. Bis zum letzten
*) „Les beaux jours de notre litterature ne sont pas encore venus; mais ils
s'approchent. Je vous les annonce, ils vont paraitre; je ne les verrai pas, mon äge
m'en interdit l'esperance. Je suis comme Moi'se: je vois de loin la terre promise,
mais je n'y entrerai pas/' (Friedrich d. Gr. im Jahre 1780.)
**) ,,C'est le plus raisonnable de tous les savans allemands."