46 Dritte Periode. Die Zeit der sächsischen und fränkischen Kaiser.
energisch fortgesetzt. Als er nun Heinrich IV. aufforderte, diese Kirchen-
gesetze in Anwendung zu bringen, und ihm zugleich unter Androhung
von Kirchenstrafen über seinen Lebenswandel Vorstellungen machte,
1076. berief dieser 1076 eine Versammlung deutscher Bischöfe nach Worms
und ließ die Absetzung des Papstes aussprechen. Der Bannstrahl
war die Antwort. Da versammelten sich die deutschen Fürsten zu
Tribur, drohten den König abzusetzen, wenn er nicht binnen Jahres-
srist vom Banne gelöst wäre, und übertrugen die Entscheidung ihres
Streites mit ihm dem Papste. Um das Königtum zu retten, entschloß
sich Heinrich, sich vor dem Papste zu beugen. Im strengen Winter
ging er unter unsäglichen Schwierigkeiten über die Alpen, begleitet
von seiner treuen Bertha, und erhielt nach dreitägiger Buße im Schloß-
1077. Hofe zu Canossa im Januar 1077 die Lossprechung vom Banne.
Bald aber erneuerte sich der Streit. Die Fürsten wählten
Heinrichs Schwager Rudolf von Schwaben zum König, während
die Städte, die unter dem starken Schutze der fränkischen Könige
ausgeblüht waren, und die zahlreichen Gegner Gregors zu Heinrich
hielten. Ein furchtbarer Bürgerkrieg verwüstete das Reich; Gregor
erklärte sich für Rudolf, aber Heinrich gewann das Übergewicht
durch den Tod des Gegenkönigs in der Schlacht bei Merseburg
1080. im Jahre 1080. Nun zog Heinrich mit Heeresmacht über die Alpen,
1084. setzte einen Gegenpapst ein und eroberte Rom 1084. Doch wurde der
in der Engelsburg belagerte Gregor VII. von den unteritalischen
1085. Normannen befreit; er starb 1085 zu Salerno.
Die Normannen (§ 53, 3) entrissen Unteritalien den Byzantinern, Sizilien den
Arabern und vereinigten diese Länder zu einem Königreich beider Sizilien.
d) Ende. Noch mehrfach hatte der durch das Unglück geläuterte
Kaiser gegen Empörungen zu kämpfen, die von der Gegenpartei ange-
stiftet waren, und deren eine sogar von seinem ältesten Sohne, Konrad,
geleitet wurde. Als endlich Ruhe herrschte, führte er, die Bestrebungen
seines Vaters gegen das Fehdewesen ausnehmend, einen allgemeinen
Reichsfrieden ein. Dadurch verfeindete er sich den Abel aufs neue,
und nun trat sein zweiter Sohn, Heinrich, ebenfalls von der Gegen¬
partei verleitet, gegen ihn auf, nahm ihn auf hinterlistige Weise ge¬
fangen und zwang ihn zur Abdankung. Der alte Kaiser entfloh von
1106. Ingelheim nach Süttich, wo er starb. Die Leiche des unglücklichsten
der deutschen Kaiser fand auf einer einsamen Maasinsel eine Stätte,
aber noch keine Ruhe.
Für welchen früheren unmündigen König führte ebenfalls die Mutter die Re-
gierung? Warum war die Gefahr für das Reich damals nicht so groß wie zur Zeit
Heinrichs IV. ? — Welchen Einfluß mußte der Wechsel der Erziehung auf den Charakter