Full text: Überblick über die Brandenburg.-Preuß. Geschichte bis zum Regierungsantritte des Großen Kurfürsten, Allgemeine Geschichte von 1648 bis zur Gegenwart (Teil 3)

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Überblick über die Brandenburgisch-Preußische Geschichte. 
zufiel; aber länger als ein Jahrzehnt hatte er schon als Vertreter seines 
Vaters das Land verwaltet. 
Schuldentilgung. Er war ein durchaus sparsamer Fürst. Die glän- 
zenden Festlichkeiten, die sein Vater gegeben, die Kämpfe, an denen er 
teilgenommen, hatten das Land in Schulden gestürzt. Durch einen bürger- 
lich einfachen Haushalt, durch eine Biersteuer, die die Stände dem spar- 
samen Fürsten gern bewilligten, wurden die Schulden allmählich getilgt. 
Wissenschaftlicher Sinn. Kurfürst Johann besaß ein für seine Zeit 
bedeutendes Wissen. Er war ein gewandter Redner, weshalb er den Bei- 
namen Cicero erhielt.1) Um größere Bildung zu verbreiten, begann er 
die Gründung einer Universität zu Frankfurt an der Oder, die 
unter seinem Nachfolger eröffnet wurde. 
Tod. Die segensreiche Regierung dieses Kurfürsten dauerte nur drei- 
zehn Jahre; im Alter von 44 Jahren starb er im Jahre 1499. Seine 
Leiche ruht im Dome zu Berlin. 
Aurfürst Joachim I. 
Kurfürst Joachim I. war ein Zeitgenosse Maximilians und Karls V. 
Sein Bruder Albrecht war Erzbischof von Magdeburg, Halberstadt und 
Mainz zugleich. Zwar sah Kaiser Maximilian nicht gern, daß zwei 
Brüder im Kurfürstenkollegium saßen, aber er machte keine Schwierig- 
feiten, weil ihm die Freundschaft des Hauses Hohenzollern wertvoll war 
und Albrecht dieser hohen Stellung im Reiche würdig schien. Wir er- 
kennen daraus das große Ansehen, das damals schon die Familie Hohen- 
zollern im Reiche genoß. 
Des Vaters Lehren. Vier gute Lehren hatte Johann Cicero sterbend 
seinem Sohne gegeben: Gott zu fürchten, Gerechtigkeit zu üben, die Unter- 
tanen zu schützen und den Adel im Zaume zu halten. Unter dem Adel 
ist hier der Raubadel zu verstehen. Getreu hat der Sohn diese Lehren 
des Vaters befolgt. 
Bestrafung der Raubritter. Pest und Dürre hatten große Ver- 
heerungen in seinem Lande angerichtet. Den Rittern kam wieder der Ge- 
danke, sich durch Raubzüge schadlos zu halten, und da der Kurfürst noch 
in jugendlichem Alter stand, glaubten sie, ungestraft die Bauern und Bürger 
ausplündern zu dürfen. Sogar in seiner nächsten Umgebung befanden 
sich Raubritter; einer von ihnen wagte es, an die Tür des kurfürstlichen 
Gemaches zu schreiben: 
„Joachimke, Joachimke, hüte dy; 
Fange wy dy, so hange wy dy!" 
Aber der Kurfürst ließ sich nicht einschüchtern. Mit großer Tat¬ 
kraft ließ er die Raubritter aufsuchen und in einem Jahre siebzig hängen. 
i) Cicero war der bedeutendste Redner der Römer.
	        
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