Full text: Die Völker des Altertums, Römer und Germanen bis zu Karl dem Großen (Teil 1)

Geschichte der morqenländischen Völker. 
5. Das Labyrinth. Unter einem Labyrinthe versteht man ein großes 
Gebäude, m dem sich viele Gänge kreuzen, so daß man sich leicht darin ver- 
irren kann. Das berühmteste unter den Labyrinthen war das ägyptische. Es 
lag in der Nähe des Mörissees. Um das Jahr 2200 vor Christi Geburt 
wurde es gebaut. Dieses Labyrinth bestand aus 12 Palästen, in denen 
3000 Zimmer waren, und zwar 1500 über der Erde und ebenso viele 
unter der Erde. Die einzelnen Zimmer waren mit kostbaren Bildwerken ge¬ 
schmückt. Zu welchem Zwecke das Labyrinth erbaut worden ist, läßt sich nicht 
mit Bestimmtheit sagen. Das große und schöne Bauwerk ist längst zerfallen. 
Weite Trümmerfelder bezeichnen die Stelle, wo es gestanden hat. Außer dem 
ägyptischen gab es noch drei andere Labyrinthe, eines auf der Insel Kreta, 
eines auf der Insel Samos im Ägäischen Meere und eines in Mittelitalien 
bei der Stadt Klusium. Diese waren jedoch nicht so groß wie das ägyptische. 
Die Sphinxe. Eine Sphinx ist ein Steingebilde, das einen Löwen- 
leili mit dem Kopfe eines Menfchen darstellt. Sphinxe waren meist vor den 
Tempeln in ganzen Alleen aufgestellt. Nicht nur in Ägypten, sondern auch 
in Assyrien finden sich Sphinxe. Im ,17. und 18. Jahrhundert n. Chr. 
wurden sie in Europa nachgeahmt und am Eingange von Schlöffern aufgestellt 
(Fig. 1.) 
d) Die Hieroglyphen. Die Wände der Tempel, der Paläste, der 
Pyramiden, der Grabkammern, die Obelisken, die Särge, kurz alles, was sich 
beschreiben ließ, haben die ägyptischen Priester mit einer Bilderschrift bedeckt, 
die man Hieroglyphen nennt. Ihre Entzifferung ist gelungen, und wir 
find dadurch in den Stand gefetzt, die Geschichte und Kulturthätigkeit des 
ägyptischen Volkes bis in die kleinsten Einzelheiten zn verfolgen. 
Die Phönizier. 
Überblick über die phönizische Geschichte. Phönizien ist ein kleiner 
Küstenstrich in Vorderasien am Gestade des Mittelmeeres, nördlich von 
Palästina. Die alten Phönizier waren die ersten Seefahrer der Erde. Die 
geringe Ausdehnung des Landes, der Erz- und Kupferreichtum desselben, 
der Fischreichtum des Meeres, der Libanon, dessen Cedern zum Schiffs¬ 
bau sich eignen, veranlaßten sie, Schiffahrt und Handel zu treiben. Ihre 
Schiffe fuhren nach Indien, Afrika, Griechenland, Sicilien, Spanien, Eng¬ 
land und an die Küsten der Ostsee. Überall, wohin sie kamen, gründeten 
sie Städte, so Palermo auf Sicilien, Caralis auf Sardinien, Malaga, 
Sevilla, Cadiz, Gibraltar in Spanien, Hippo, Utika und Karthago in 
Afrika. Übervölkerung in dem engen Mutterlande zwang sie zur Anlage 
dieser Pflanzftädte. Um das Jahr 600 vor Christi Geburt umschifften 
sie im Auftrage des ägyptischen Königs Neko die Südspitze von Afrika. 
An der Ostseeküste holten sie den Bernstein, aus dem sie Schmuckgegen- 
stände verfertigten. In Spanien legten sie Gold- und Silberbergwerke 
an. Sie vermittelten den Handel zwischen Indien und Nordafrika einer-
	        
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