Full text: Von der Zeit Karls des Großen bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2)

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Volk zu lieben, die Schlechten in Schranken zu halten und ein Vater der 
Armen zu sein. Dann befahl er ihm. die Kaiserkrone vom Altare zu 
nehmen und sich aufzusetzen. 
Am 28. Januar 814 starb der Kaiser im 46. Jahre seiner Regie¬ 
rung. Das 70. Lebensjahr hatte er überschritten. Im Dome zu Aachen 
ruhen seine Gebeine. (Fig. 71.) 
Der erste Kaiser deutscher Nation war ein Mann des Gedankens 
und der That, des Schwertes und der Wissenschaft, der Schrecken seiner 
Feinde und ein Vater der Armen, groß und glücklich, lebensfroh bei allem 
Ernst des Strebens. Er hatte einen gewaltigen, staatsmännischen Geist und 
ein edles Herz und war ein frommer Christ. Die Religion gab seinem 
starken Geiste den edelsten Schwung, seiner Macht die Weihe und nahm 
die Völker, die sein Schwert unterworfen hatte,. in Schutz und Zucht. 
(Fig. 73, 3.) 
Ludwig der Fromme. 
Mit Karl dem Großen hat das Herrschergeschlecht der Karolinger 
seinen Höhepunkt erreicht. Sein Sohn Ludwig, gewöhnlich der Fromme 
zubenannt, war ein gütiger Herr, hochgebildet und sittenrein. ^Karl hatte 
ihm als Prinzen Aquitanien in Südfrankreich zur Verwaltung über- 
geben, damit er sich in die Regierungsgeschäfte einarbeiten sollte. Ludwig 
löste seine Aufgabe mit solchem Geschick, daß der Vater sich freute über 
die Tüchtigkeit seines Sohnes. Aber das große Frankenreich war kein 
Aquitanien. Die Last, die des Vaters Tod auf seine Schultern legte, 
war für ihn zu schwer. Es fehlte ihm nicht an Staatsklugheit, wohl aber 
an Willenskraft, dasjenige mit starker Hand durchzusetzen, was er als 
richtig erkannt hatte. Diese Charakterschwäche wurde der Grund vieler 
Kämpfe während seiner Regierung. 
Unter Karl uud Ludwig war das Reich zufällig ungeteilt geblieben, 
weil die übrigen Erben früh gestorben waren. Ludwig hatte drei kräftige 
Söhne, Lothar, Pipin und Ludwig. Um die Einheit des Reiches zu 
erhalten, bestimmte er seinen ältesten Sohn Lothar zu seinem dereinstigen 
Nachfolger in dem größten Teile des Staates und ernannte ihn sofort 
zum Mitkaiser. Seinem Sohne Pipin gab er Aquitanien; Ludwig erhielt 
Bayern als Königreich unter der Oberhoheit Lothars. Als der Kaiser 
aus einer zweiten Ehe einen vierten Sohn mit Namen Karl erhielt, gab 
er auch diesem einen Anteil. Dadurch und infolge weiterer Teilungen 
entstanden Streitigkeiten zwischen dem Vater und seinen ältesten Söhnen. 
Nicht immer war Ludwig siegreich. Bei Kolmar im Elsaß verließ ihn 
sogar das eigene Heer und ging zu den Söhnen über, die dasselbe be- 
stochert hatten. Die Stätte, wo dies geschah, heißt das Lügenfeld. 
Im Jahre 840 starb Ludwig.
	        
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