Krieg.
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von Schlesien aus sich auf Prag zu in Bewegung setzen; am 6. Mai
sollten sie daselbst Zusammentreffen und dann, hoffte der König, würde
man durch rasche Thal am leichtesten in den Besitz der Hauptstadt ge¬
langen. Am Morgen des bestimmten Tages standen die preußischen
Heere vereinigt vor Prag, — so pünktlich waren die Anordnungen des
Königs befolgt worden; — aber nun galt es die Frage, ob den Trup¬
pen erst ein Rasttag zu gönnen und vorher die Gegend auszukund¬
schaften sei, oder ob der Feind alsbald solle angegriffen werdend Die
meisten Generäle entschieden sich für das erstere, der König aber ries:
„Nichts, nichts! Es muß noch heute sein. Frische Fische, gute Fische!"
Auf der Stelle entwarf er den Plan zum Angriffe. Aber alsbald er¬
kannte man, in wie günstiger Stellung der Feind sich befand, mit wie
viel Schwierigkeiten die Preußen zu kämpfen hatten. Bald mußten
sie über Wiesen, die nur fest schienen und eigentlich vom frischen Grase
des Frühlings bedeckte Moräste waren; bald ging es über bergiges Erd¬
reich. Die Batterieen der Oestreicher waren so geschickt aufgestellt, daß
sie ganze Reihen der heranrückenden Preußen niederstreckten. Ueber
ihre gefallenen Brüder hin wurden andere und wieder andere preußische
Kompagnieen geführt; aber alle Anstrengung schien vergeblich zu sein»
Auch den Tapferen entsank der Muth, weil keine Aussicht auf einen glück¬
lichen Erfolg sich zeigte, und sie wollten sich nicht mehr vergeblich dem
gewissen Tode entgegenführen lassen. Da riß der Feldmarschall Schwe¬
rin, ein Greis von 73 Jahren, einem fliehenden Fahnenjunker die
Fahne aus der Hand, schwang sie hoch empor vor den zur Flucht Ge¬
wendeten und begeistert rief er den Seinen zu: „Heran, Kinder! mir
nach, wer kein feiger Kerl ist!" Ohne Furcht vor dem mörderischen
Kugelregen, in den er sich stürzte, eilt der greise Führer gegen die Bat¬
terieen der Oestreicher und begeistert folgen ihm die Seinen. In dem
Augenblicke wird des Helden Brust getroffen von fünf Kartätschenku-
geln. Zerschmettert sinkt er nieder. Der General Manteufel ergreift
die blutige Fahne und stürzt weiter fort auf dem Wege des Ruhms;
andere Heerführer, andere Heeresabtheilungen kämpfen mit gleicher Be¬
geisterung; aus der Seite der Oestreicher wird ebenfalls ein alter geach¬
teter Führer, der Feldmarschall Brown, tödtlich verwundet und Schrecken
und Verwirrung riß in dem Heere ein. Plötzlich durchbricht König
Friedrich selbst den Mittelpunkt der Feinde und entscheidet die Schlacht,
die blutige Schlacht bei Prag, in welcher über 16,000 Preußen
theils auf dem Schlachtfelde geblieben, theils schwer verwundet waren.
§ 201. Durch den Verlust einer so großen Truppenzahl zwar ge¬
schwächt, aber durch den Ausgang der Schlacht aufs Neue ermuthigt,
begann der König die Belagerung von Prag, doch die Festung ergab
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