106 IV. Das Zeitalter d. unumschr. Fürstengewalt. Aufstieg Preußens z. europ. Geltung.
§ 102. Bergen, Minden; Kunersdorf, Maxen (1759). Unglücklich, wie
das Jahr 1758 endete, verlief fast das ganze Jahre 1759. Auf dem
westlichen Kriegsschauplatze waren die Franzosen wieder vorgedrungen und
hatten Frankfurt a. M. besetzt; sie schlugen Ferdinand von Braunschweig
bei Bergen und rückten bis an die Weser vor. Doch hier gebot ihnen
der kriegskundige Herzog Halt und schlug sie bei Minden aufs Haupt.
Der König fiel nicht wie sonst in Feindesland ein, sondern blieb
in Schlesien, um die Österreicher, sobald sie vom Gebirge in die Ebene
herabkamen, wie einst bei Hohenfriedberg zu empfangen; er lauerte „wie
eine Katze auf die Maus". Indessen rückten die Russen wieder bis an
Die Schlacht die Oder vor. Friedrich zog ihnen entgegen und griff sie bei Kuners-
bboi?i759S° borf, östlich von Frankfurt a. d. O., an. Aber hier erlitt er die
schwerste Niederlage des ganzen Krieges. Denn zu seinem Unheil ver-
einigten sich die Österreicher mit den Russen. Zuerst machte sein Angriff
Fortschritte, kam aber dann zum Stehen; da brach plötzlich die öfter-
reichische Reiterei unter Laudon aus dem Hinterhalt hervor und fiel
ihm in die Flanke. Nun hielt sein Heer, das durch langen Marsch er-
müdet und durch die Hitze des glühenden Augusttages erschöpft war, nicht
mehr stand und stob in wilder Flucht auseinander. Dem König wurden
zwei Pferde unter dem Leibe erschossen. Eine Kugel, die ihn traf, prallte
an einer goldenen Dose ab, die er in der Tasche trug. Nur mit Mühe
retteten ihn seine Zietenhusaren vor der Gefangennahme durch die Kosaken,
die hart hinter ihm herjagten. Für den Augenblick hielt Friedrich alles
für verloren und war der Verzweiflung nahe. Doch seine Feinde, denen
der Weg nach Berlin offen stand, nützten ihren Sieg nicht aus. Auch sie
hatten große Verluste erlitten. Der russische Heerführer berichtete seiner
Kaiserin nach Petersburg: „Der König von Preußen pflegt seine Nieder-
lagen teuer zu erkaufen; noch ein solcher Sieg, und ich werbe bie Nach¬
richt bavon allein mit bem Stabe in ber Hanb zu überbringen haben."
Aber schon in ben nächsten Tagen hatte ber König über bie Hälfte seines
Heeres wieber beieinanber unb ging mit neuem Mut an sein Werk.
Nach bem Abmarsch ber Russen wanbte er sich nach Sachsen, wo Daun
Dresben genommen hatte. Doch hier traf ihn ein neues Unheil. Sein
General Fink, ben er mit 15000 Mann entsandt hatte, um ben Öfter-
reichern bie Rückzugslinie abznschneiben, würbe bei Maxen umstellt unb
gezwungen, bie Waffen zu strecken. Während Friebrich zürnte, es sei „ein
ganz unerhörtes Exempel, baß ein preußisches Korps bas Gewehr vor
seinem Feinbe niedergeleget", herrschte in Wien ob bes gelungenen „Finken-
fauges" eitel Freube.
§ 103. Landeshut, Liegnitz, Torgau (1760). Das Mißgeschick von Maxen
wieberholte sich gleich im folgenben Jahr. General Fouque, ber Schlesien
gegen Laubon becken sollte, würbe bei Lanbeshnt mit bem größten
Teile seiner Truppen gefangen genommen. Um zu verhiubern, baß die
Österreicher sich wieder mit den heranziehenden Russen vereinigten, brach