Full text: Die Neuzeit bis zum Tode Friedrichs des Großen (H. 3)

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II. Das Zeitalter der Religionskämpfe. 
Schon im Anfang des 16. Jahrhunderts hatten daher die Bauern 
des südwestlichen Deutschlands in Vereinen wie dem „armen Konrad" und 
dem „Bundschuh" sich zu Schutz und Trutz zusammengeschlossen und auch 
zu den Waffen gegriffen. Jetzt erhoben sie sich im Namen der von Luther 
»nnkrieg verkündeten christlichen Freiheit allgemein. Vom Oberrhein dehnte sich 
1625. der Aufstand über Schwaben und Franken bis nach Thüringen und Sachsen 
aus. In den „zwölf Artikeln schwäbischer Bauernschaft", die die Ruude 
durch das ganze Reich machten, verlangten die Bauern freie Wahl ihrer 
Pfarrer, Wiederherstellung der gemeinen Mark (Allmende) mit dem freien 
Recht an Weide, Wald, Wasser und Wild, Abschaffung der Leibeigenschaft, 
der drückenden Fronen, des kleinen Zehnten und des Besthaupts und Wieder- 
einführuug des altdeutschen Gerichtsverfahrens. Die Forderungen der 
Bauern waren im ganzen gemäßigt; die Lasten sollten nicht abgeschafft, 
sondern auf Art und Umfang der alten Zeit zurückgeführt werden. Da 
die Grundherren sich ablehnend verhielten und der Reichsverweser Erzherzog 
Ferdinand, der Bruder Karls V., kein Verständnis für die Sachlage zeigte, 
beschritten schließlich auch die Gemäßigten den Weg der Gewalt. Verstärkt 
durch ärmere Stadtbewohner, bildeten die Bauern bewaffnete Haufen, über- 
fielen, plünderten und verbrannten Burgen und Klöster und verübten an den 
Insassen fürchterliche Greuel. Im Odenwald hatte ein verkommener Wirt 
namens Georg Metzler, später der Raubritter Götz von Berlichingen 
mit der eisernen Hand die Führung; in Thüringen hielt der „Prophet" 
Thomas Münzer blutgierige Predigten. 
Luther, der den Aufruhr verurteilte, mahnte anfangs zum Frieden auf 
Grund der zwölf Artikel; als er aber von den schrecklichen Ausschreitungen 
hörte, die allerorten vorkamen, forderte er die Fürsten in seiner heftigen 
Schrift „Wider die raubischen und mordischen Rotten der Bauern" auf, 
die Aufrührer totzuschlagen „wie tolle Hunde". 
Und wirklich wurde der Ausstand in den einzelnen Landschaften ungefähr 
gleichzeitig niedergeschlagen. Herzog Georg von Sachsen und Landgraf 
Philipp von Hessen besiegten den schlecht bewaffneten Haufen Münzers 
bei Franken hausen an der Unstrnt. Münzer selbst wurde gefangen ge¬ 
nommen und hingerichtet. Im Elsaß schloß Herzog Anton von Lothringen 
das Bauernheer in Zabern ein; es ergab sich auf freien Abzug ohne 
Waffen, wurde aber, als sich das Stadttor hinter ihm geschlossen hatte, 
von den herzoglichen Söldnern überfallen und niedergemetzelt. Der Schwä. 
bische Bund, eine Vereinigung von Fürsten und Reichsstädten, schlug unter 
der Führung des Truchseß von Waldburg die Bauern in Schwaben 
und Franken in mehreren Schlachten entscheidend aufs Haupt. 
So endete diese einzige und größte soziale Erhebung, die Deutschland 
erlebt hat, mit einem gänzlichen Mißerfolg. Über 100000 Bauern sollen 
dabei das Leben verloren haben. Die Lage der Lebenden aber war schlim- 
mer als zuvor. Erst das 19. Jahrhundert hat den in rechtloser Leibeigen- 
schaft und fast in gleicher Gutsuntertänigkeit gebundenen Bauern die Frei- 
heit gebracht.
	        
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