Contents: Bilder aus den deutschen Küstenländern der Ostsee (Bd. 11)

56 Kiel und sein Kriegshafen. 
Man begreift kaum, wie das alles notwendig gebraucht wird; und doch, 
wenn irgendwo, so beschränkt man sich innerhalb eines Schiffes auf das Un- 
entbehrliche. Aber freilich ein Schiff ist eine Welt für sich, und ihre künstliche 
Zusammensetzung und Erhaltung erfordert die verschiedenartigsten Hilfsmittel. 
Das Fischerdorf Ellerbeck. Unweit der Werften liegt hart am Ufer das 
Fischerdorf Ellerbeck, im ganzen Lande wohlbekannt. Ellerbecks Fischerei be- 
findet sich im Aufschwünge. Während es vor 15 Jahren nur etwa 40 Gewerbs- 
stscher besaß, zählt es jetzt deren 90. 
Vor 30 Jahren fischten die Ellerbecker fast ausschließlich auf den jetzt 
kaum noch vorhandenen unbeholfenen Einbänmen, d. h. auf Booten, die nach 
der Weise unsrer altheidnischen Vorfahren aus einem ausgehöhlten Stamme 
gefertigt waren. Allmählich machten dieselben ordentlichen Kielbooten Platz, die, 
um gefangene Fische lebend an den Markt zu bringen, mühsam und beschwerlich 
genug kahnförmige Fischbehälter nachschleppten, von denen ihnen gelegentlich die 
Planken eingestoßen wurden. Endlich erbaute man sogenannte Quasen, Fahr- 
zeuge, die eine Abteilung mit durchlöchertem Boden haben zur Konservierung 
lebender Fische und die sich als äußerst praktisch erweisen. Dementsprechend 
hat sich auch das Fangrevier der Ellerbecker ganz außerordentlich erweitert. 
Wenn man mit den alten Einbänmen meist nur in nächster Nähe, vor der 
Thüre fischte, und schwerlich über Laboe und Friedrichsort hinausging, geht man 
jetzt über die Förde weit hinaus; die größeren Quasen, 8 — 10 m über Steven 
lang, mit vier Mann Besatzung, ertragen schlechtes Wetter und grobe See. 
Wahrhaft großartig aber hat sich an diesem Orte die Fischräucherei entwickelt. 
Es handelt sich da um zwei zu der Familie der Heringe gehörende Fische, den 
Hering selber, den Bückling also, und den Breitling oder Sprott. Der letztere 
ist nicht etwa ein junger, noch nicht ausgewachsener Hering, sondern eine be- 
sondere Spezies. Er ist kleiner, fetter, wohlschmeckender und zarter, und dies 
so sehr, daß man ihn im Sprottenlande der Sitte zufolge mit Haut und Gräten 
verzehrt, indem man wie von einem Butterbrote von ihm abbeißt. Man nennt 
ihn meistens „Kieler" Sprott, obwohl er an allen deutschen Küsten gefunden 
wird. Vielleicht daß seine Zubereitung durch Rauch von Kiel oder Ellerbeck 
aus sich verbreitet hat. Man findet hier eigne zum Räuchern der Fische her- 
gerichtete Häuser, mit den vortrefflichsten Einrichtungen dazu. Auch diese Arbeit 
hat ihre Feinheiten, ist eine Kunst. Nicht nur die Gefahr des zuviel und zn- 
wenig ist sorgfältig zu vermeiden, es wird auch die Art des Geschmackes durch 
die Weise des Räucherns bestimmt. Darauf übt das verwendete Brennmaterial 
Einfluß. Dann droht dem Ungeübten der Verlust der Fetteile und andres. 
In Ellerbeck nun wird die Sache ganz „wissenschaftlich" betrieben. Und in welch 
ungeheuerem Maßstab! Bis in die entferntesten Gegenden Deutschlands, ja selbst 
über die Grenzen hinaus: nach Österreich-Ungarn, nach Norditalien und Frank- 
reich erstreckt sich der Versand. Der trefflich organisierte Paketverkehr der 
deutschen Reichspost ermöglicht es. Leider scheint die Handelskammer von Kiel 
nicht in der Lage, die Quanten der einzelnen Jahre ziffermäßig zu bezeichnen. 
Warum nicht? Indessen gibt es einen Begriff von der Ausdehnung dieses Er- 
werbszweiges, wenn man vernimmt, daß nur die wenigsten der hier geräucherten 
Fische hier in der Nähe gefangen werden. Die großen Massen bezieht man
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.