202 Kap. 70. § 257. Das römische Weltreich.' Römische Provinzen. 
dagegen vermochten. Auch die Schwelgerei des Amts- und Geldadels konnte trotz 
Catos strenger Censur, durch welche unwürdige Glieder aus dem Senate und der 
Ritterschaft ausgestoßen wurden, nicht mehr unterdrückt werden. Sogar in den poli¬ 
tischen Kämpfen zeigte sich schon Bestechung auf der einen und Käuflichkeit auf der 
anderen Seite, daher auch „die wechselnde Ausdehnung des Bürger- und Stimmrechts 
nicht selten dessen Gehalt und Wert herabsetzte und die Mehrzahl der Bürger gleich¬ 
gültiger gegen ihre Befugnisse und Pflichten machte". — So bereitete sich schon jetzt 
der spätere Verfall der Republik vor. 
4. Roms Entartung. 
Kap. 70. Die gracchischm Reformversuche; der jugurthinische und 
cimbrische Krieg. 
(Gesch. d. W. X, 1 u. 2.) 
(257.) Roms Herrschaft, vom Glück begünstigt, hatte sich nun nach 
Osten und Westen zu einem Weltreich ausgedehnt und umfaßte eine 
Reihe von P'rovinzen, deren Reichtum und Bildung, deren Talente 
und Laster in der stolzen Hauptstadt zusammenströmten, um darin in kurzer 
Zeit eine völlige Umwandlung der Sitten und Lebensgewohnheiten hervor¬ 
zubringen, welche bald auch in der Republik selbst die gewaltigsten Er¬ 
schütterungen zur Folge haben sollte. 
Seit 100 Jahren waren folgende Länder als Provinzen der Republik unterworfen 
worden. Im I. 241 ©teilten, 238 Sardinien und Corsica, 220 Ligurien und das 
cisalpinische Gallien, 148 Makedonien, 146 Achaia und Asrica (Karthago), 140 Spa¬ 
nien, 133 Asien (Kleinasien). Eine Provinz war ein durch Eroberung von Rom 
abhängig gewordenes, besteuertes und beherrschtes Land, und wurde in der Regel im 
Namen des Senats von einem Proconsul oder Proprätor regiert, in dessen Händen 
die kriegerische, richterliche und Verwaltungsvollmacht lag, welche er durch 10 Legaten, 
die in den einzelnen Bezirken seine Stelle vertraten und durch einen Quästor, welcher 
die Finanzen verwaltete, ausübte. Diese von Rom aus angestellten Beamten suchten 
gewöhnlich in den Provinzen ihr Glück zu machen und sich — häufig durch Druck und 
Gunst — möglichst große Reichtümer zu erwerben. Durch Einführung des römischen 
Rechts und fest geordneter Verwaltung wurden diese Provinzen allmählich mehr und 
mehr romanisirt. 
In Rom aber hatte die asiatische Schwelgerei und Ueppigkeit die alte 
Einfachheit der Sitten verdrängt, während die nach Rom überge¬ 
führten Werke griechischer Bildung dafür keinen Ersatz geben konnten, da 
sie nur den reichen Römern zum Prunk, wenigen unter ihnen zur Aus¬ 
bildung des Geistes dienten. Zwar suchten öfters die Censoren, als 
die gesetzlichen Wächter der Sitte, durch möglichste Strenge dem eingerisse¬ 
nen Sittenverderben zu steuern; allein der Erfolg war nur vorübergehend, 
und nicht mit Unrecht sagte der strenge Cato, daß einer Stadt schwer zu 
helfen sei, in welcher ein Fisch mehr koste als ein Ochs! 
Die Reichtümer, welche aus den eroberten und ausgebeuteten Ländern 
nach Rom strömten, hatten den alten strengen Rechtssinn gebeugt 
und das errungene Gleichgewicht der Rechte zerstört. Denn einerseits 
schloß die Partei der Optimalen oder Mächtigen — durch ihre Lati¬ 
fundien oder ausgedehnten Ländereien und durch ihr aus Erpressungen 
in den Provinzen und aus den Staatspachtungen zusammengebrachtes 
Vermögen — die Ärmeren von den höheren Stellen aus und wußte 
sich darin durch Bestechung zu erhalten; anderseits geriet die Partei
	        
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