Kap. 4. § 15. u. 16. Die Zerstörung Jerusalems. Vespafian. 11 
der Tr e vir er (bei Bingen), mit Leichtigkeit vollends gedämpft und Claudius nach 
dem Abfall der Ubier von der deutschen Sache und der schweren Niederlage bei Trier 
genötigt wurde, sich auf die batavische Insel zurückzuziehen. Dennoch hielt er 
sich gegen Cerealis noch so tapfer, daß die Römer ihm Frieden und tributfreie 
Bundesgenossenschaft zugestehen mußten. — Seitdem erwachte in den deutschen 
Stämmen das Bewußtsein, daß nur in einem festen Zusammenhalten die Ge¬ 
währ freien Bestandes liege. 
(15.) Um die nämliche Zeit brach das Strafgericht über Jerusalem 
und das jüdische Volk herein, wie es längst von seinen Propheten und 
zuletzt von Christus selbst verkündigt worden war. Noch unter Nero waren die 
Juden, von falschen Messiashoffnungen verführt und von ungerechten 
römischen Landpflegern (Procuratoren), insbesondere einem Gessius Florus, 
gereizt, in eine wütende Empörung gegen die Römer ausgebrochen, hatten 
den syrischen Statthalter Cestius Gallus zum Rückzug gezwungen und 
alle Römer aus dem Lande vertrieben, und selbst als Vespasian vom 
Kaiser mit einem Heere gegen sie abgeschickt wurde (67 n. Chr.), wider¬ 
standen sie auf das Hartnäckigste. Vespasian hatte bereits die Belage¬ 
rung Jerusalems begonnen, überließ sie aber, als er, zum Kaiser erhoben, 
nach Rom eilen mußte, seinem Sohne Titus, der nun die Stadt, in 
welcher eine ungeheure Menschenmenge zusammengedrängt und zugleich der 
wütendste Parteikampf ausgebrochen war, bestürmte und nach der Erobe¬ 
rung der beiden äußersten Mauern und der Neustadt, die Altstadt durch 
Hunger zu bezwingen suchte. Doch die Juden — in dem blinden Wahn, 
ihr Bundesgott könnte sie nicht zu Grunde gehen lassen — verwarfen jedes 
Angebot der Verzeihung und machten selbst den Tempel zu einer Festung. 
So war deun Titus genötigt, den Sturm auf den Tempelberg zu unter¬ 
nehmen, wobei der prächtige Tempel, trotz aller Bemühungen des Titus 
ihn zu schonen, durch Feuer zerstört und eine unzählige Menge Menschen 
ein Raub des Todes wurde. So erfolgte (gemäß der göttlichen Drohung 
5. Mos. 28, 25 und Luc. 19, 43. 44) unter den schrecklichsten Greueln 
(10. Aug.) die Zerstörung Jerusalems, fast 650 Jahre nach der ersten 70 
Zerstörung dieser Stadt. "• 
Der ganze Aufstand, welcher anderthalb Millionen Juden das Leben kostete, wurde erst 
nach zwei Jahren vollends unterdrückt. Von nun an hörte die Selbständigkeit des jüdischen 
Volkes auf, und es begann seine Zerstreuung in alle Welt unter alle Natio¬ 
nen, teils zum lautredenden Zeugnis der ewigen Wahrheit des Gotteswor¬ 
tes, teils zur Erleichterung der Ausbreitung des Christentums in der Hei¬ 
denwelt. — Die christliche Gemeinde zu Jerusalem hatte sich schon vor der Belage¬ 
rung nach Pella geflüchtet und löste sich nach der Zerstörung des Tempels von der jüdischen 
Gemeinschaft vollständig ab, um fortan ihren eigentümlichen Gottesdienst einzurichten. 
(16.) Durch Uefpasian, mit welchem die Regierung der Flavier beginnt, 69 
kehrte Ordnung und Sitte in das zerrüttete Reich zurück. Er reinigte den n- Ehr. 
Senat, gab ihm die entzogenen Rechte zurück, regelte den Staatshaushalt 
und ging selbst mit dem Beispiel der Einfachheit und Mäßigkeit voraus. 
Auch beförderte er die Wissenschaft (unter anderem durch Besoldung der 
Rhetoren als öffentlicher Lehrer) und die Kunst durch neue Bauwerke, z. B. 
durch den Bau eines Tempels des Friedens und des Colosseums (j. Coliseo), 
eines Amphitheaters, das 90,000 Menschen faßte. 
Unter ihm wurde der Krieg gegen die Briten erneuert und diese durch Jul. 
Agricolas gerechte und milde Behandlung für die Annahme römischer Kultur ge¬ 
wonnen (78 — 85).
	        
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