Kap. 27. § 110. Innere Zustände unter den Hohenstaufen. 97
logen, in Bononia (j. Bologna), wo die Juristen — in Salerno und
Montpellier, wo die Mediciner ihre wissenschaftliche Bildung holten. —
Die mittelalterliche Kunst erreichte um diese Zeit in Deutschland ihre Blüte
in der Dichtkunst, die als Volkspoesie von fahrenden Sängern, als
Kunstpoesie vom Adel geübt wurde, und in der von Baubrüderschaften
betriebenen sog. gotischen (d. h. deutschen) Baukunst.
Unter den deutschen Schriftstellern dieser Periode sind bemerkenswert die
Chronikenschreiber Otto, Bischof von Freising (Kaiser Konrads III Halb¬
bruder), der auch Friedrich Barbarossas (seines Neffen) Leben beschrieb:
Saxo Grammaticus durch seine dänische Geschichte, und Helmold durch
seine Chronik der Slaven, welche für die Geschichte Heinrichs des Löwen
wichtig ist; als Naturkundiger und Mathematiker Albertus Mag¬
nus, Bischof von Regensburg.
Die Volkspoesie war episch und nahm ihren Stoff vorzugsweise aus dem nieder¬
rheinischen, burgundischen, ostgotischen, hunnischen Sagenkreise. Die vorzüglichsten auf
uns gekommenen großen Dichtungen sind das Nibelungenlied und das Lied von
Kudrun. Von sämtlichen Volksdichtungen find die Verfasser unbekannt. Die Kunst¬
poesie (auch Ritter- oder höfische Poesie genannt) teilt sich in epische und lyrische. Die
Meister in der epischen sind: Motsram von Eschenbach, dessen größere tiefsinnige Dich¬
tungen der Parcival und der Titurel sind, in welchen beiden die Sage vom H.
Graal und vom König Artus verbunden ist; Heinrich von Ueldeck, Gottfried von
Straßburg, Hartmann von der Aue, Konrad von Würzburg, Rudolf
von Ems rc. — Die lyrische Poesie oder der sogenannte Minnesang wurde gleich¬
falls von ritterlichen Dichtern gepflegt, unter welchen außer den genannten Meistern be¬
sonders Walther von der Vogelweide hervorzuheben ist. — In diese Zeit fällt
auch die Entstehung des Tierepos von Reinecke Fuchs, „der poetischen Hauptthat
des niederländischen Volkes". — Die altdeutsche (gotische) Baukunst mit ihrem
Spitzbogenstil (im Gegensatz zum romanischen Rundbogenstil, § 83) verherrlichte sich
vorzugsweise in Kirchenbauten, unter denen der Dom zu Köln (begonnen 1248, vol¬
lendet 1880) und die Münster von Straßburg und von Freiburg (im Breis-
gau) die merkwürdigsten sind.
Der Feudalaristokratie gegenüber bildete sich das freie Städtewesen
nach dem Muster der lombardischen Städte mehr und mehr aus. Nach¬
dem schon die fränkischen Kaiser manche Städte mit ihrem Umgebiet von
der gräflichen Gerichtsbarkeit befreit und diese einem Reichsvogt übertragen
hatten, errangen diese Reichsstädte allmählich das Recht, ihre eigenen
Obrigkeiten mit vollziehender und richterlicher Gewalt zu wählen und wurden
dadurch Freistädte, deren Macht, auf Zunfteinrichtung und Bürger¬
wehr gegründet, eine Hauptstütze der Kaiser gegen die sich ihnen wider¬
setzende Fürstenmacht wurde. (Von der weitern Entwicklung des Städte¬
wesens s. § 146.)
7. Die übrigen europäischen Staaten bis gegen das Ende
des 13. Jahrhunderts.
Kap. 28. Frankreich unter den Capetingcrn.
Histor. Atlas. Taf. IX und X. (Gesch. d. W. XV. 6, 1. 2. XVI. 9, 1. 2.)
(111.) Unter^ den letzten französischen Karolingern war das Königtum
durch die Anmaßungen der Großen in die äußerste Schwäche gesunken und
der Könige Macht und Gebiet sehr beschränkt. Kaum hatte sich Karl III
der Einfältige (988—923) der Normannen dadurch erwehrt, daß er
Dittmar, Umriß d. Weltgesch. 12. Aufl. II. 7