Kap. 57. § 209. Die Religionskriege in Frankreich. 189 
und Ehre bei Gott suchte. Nach der Rückkehr von einer Wallfahrt ins gelobte Land 
begann er erst ein geregeltes theologisches Studium und verband sich in Paris mit 
mehreren Freunden (unter denen Franz Xaver, ein navarresischer Edelmann, der 
nachmalige „Apostel der Inder", war) zu einem Leben in Armut, zur Pflege der 
Kranken und zur Bekehrung der Ungläubigen. In Venedig kam er auf die Idee eines 
eigenen Ordens und stiftete in Rom die „Gesellschaft Jesu", die es sich zur Auf¬ 
gabe machte, den Befehlen ihres Ordensgenerals sowohl als des Papstes auf 
das unbedingteste zu folgen. (Das Gelübde der Armut, das ihre Glieder auch 
leisteten, trat späterhin zurück und machte dem Streben nach Reichtum, als Mittel zu 
ihren Zwecken, Platz). Der unmittelbar unter dem Papst stehende Orden gab sich durch 
Loyolas Nachfolger, den Ordensgeneral Lainez, eine höchst klug berechnete, absolut¬ 
monarchische Verfassung, deren Hauptgesetz der unbedingteste Gehorsam war, 
und erhielt zu seinen Zwecken die außerordentlichsten Berechtigungen, die ihn 
zum Gegenstand des Neides und der Furcht bei den übrigen Orden sowohl als auch 
bei der Weltgeistlichkeit machte, so daß selbst die Universität Paris 1554 den Je¬ 
suitenorden für eine den Kirchenfrieden beeinträchtigende Gesellschaft erklärte. Allein 
der Orden siegte bald über alle aus katholischem Kreise ihm entgegentretende Oppo¬ 
sition und verbreitete sich schnell in allen romanischen Ländern. L-elbst in einem 
großen Teile von Deutschland gelang es ihm, durch die Gewandtheit seiner 
Glieder und durch die Beihülfe der katholischen Fürsten den Katholizismus 
eine Zeit lang wieder zur ausschließlichen Herrschaft zu erheben. Seine 
Hauptaufgabe hatte der Orden darein gefetzt, den Protestantismus sowohl wie das 
durch diesen geweckte Streben nach Geistesfreiheit zu unterdrücken. Zur Erreichung 
dieses Zwecks scheute er kein Mittel („der Zweck heiligt die Mittel" war der verderb¬ 
lichste Grundsatz des Ordens). Als Beichtväter und Erzieher der Fürsten wußten 
sich die Mitglieder der „Gesellschaft Jesu" Einfluß an den Höfen zu verschaffen, als 
Lehrer der Jugend die nachfolgenden Geschlechter nach ihren Erziehungsgrundsätzen 
zu bilden. Durch ihre Treue und Glauben erschütternde Sittenlehre und Kasuistik ist 
seitdem der Name „Jesuit" in Verruf gekommen. 
Unter Maximilian II drohte wieder die Türkengefahr durch die Eroberung 
Szigeths (1566), wobei Zriny den Heldentod fand, aber auch Soliman II starb 
(§ 197 a. E.). Auch erfuhr der Landfriede in Deutschland seine letzte Störung 
durch Wilhelm von Grumbach, in dessen schlimme Händel sich auch der leicht¬ 
gläubige Herzog Johann Friedrich von Sachsen-Weimar (der Sohn Johann 
Friedrichs des Großmütigen) ziehen und sogar zu dem Plane bereden ließ, das Kur¬ 
land Sachsen mit Gewalt wieder an sich zu bringen. Daher wurde er, gleich dem 
Grumbach, in die Reichsacht erklärt, bei,deren Vollziehung der Kurfürst August ihn 
in Gotha belagerte und nach erfolgter Übergabe, zu der sein eigenes Kriegsvolk ihn 
zwang, ihn mit lebenslänglicher Hast in Wien bestrafte, aus der ihn erst nach 28 Jahren 
der Tod befreite. Grumbach wurde, nachdem man ihm das Herz aus dem lebendi¬ 
gen Leibe geschnitten hatte, gevierteilt. 
4. Die rcfornmtorifdjcn und politischen Bewegungen des sechs- 
zehnten Jahrhunderts in den übrigen europäischen Staaten. 
Kap. 57. Die Religionskriege in Frankreich. 
Dazu im Anhang: Taf. VII die Stammtafel des Hauses Bourbon in allen seinen 
Zweigen. (Gesch. d. W. XX. 1, 1—11.) 
(209.) Zn Frankreich waren schon seit 1518, meistens durch Luthers 
Schriften angeregt, in einzelnen Kreisen (z. B. in Meaux, wo Lefövre und 
Farel sich aufhielten, und später auch in Paris) reformatorische Bewegun¬ 
gen entstanden, aber erst durch die einflußreiche Wirksamkeit Calvins (von 
1536 an) hatte die Reformation daselbst eine weitere Verbreitung gefun¬ 
den, ungeachtet Franz I seit der Schlacht von Pavia aus politischen Grün¬ 
den die neue Lehre durch die grausamste Verfolgung ihrer Bekenner zu
	        
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