Kap. 15. § 65. Das Volk Israel. (Die Patriarchen. Abraham.) 51
Daß aber der Mensch, je mehr er sich von der wahren Quelle des Le¬
bens entfernt, desto mehr in Verfinsterung des Herzens und Geistes dahin¬
gegeben wird, zeigt schon die Abgötterei der oben angeführten Völker, zeigt
vollends das trostlose Elend, ja der bis zur tierischen Roheit und Stumpf¬
heit herabgesunkene Zustand so vieler von denjenigen Völkern, die außer
dem Bereiche der Geschichte liegen.
Weil denn aus diese und ähnliche Weise alle Heidenvölker durch die
Macht der Sünde und des Verderbens den Weg des Lebens verloren und
selbst im semitischen Stamme Eber's (§ 14) der Rest wahrer Erkenntnis
Gottes durch Unrecht und Irrtum sich zu trüben angefangen hatte, so er¬
wählte und sonderte sich Gott einen Mann und in demselben ein Volk
aus, dem er sich offenbarte, und aus welchem in der Fülle der Zeit der
verheißene „Erlöser" kommen und das Licht der Erkenntnis auf die übrigen
Völker ausströmen sollte.
II. Das Volk Israel und seine Nachbarreichc,
insbesondere
das babylonische und persische Weltreich.
Histor. Atlas. Taf. II.
1. Israel als Jamilie oder die Patriarchemeit.
Kap. 15. Die Patriarchen von Abraham bis Jakob.
(65.) Während Gott die Heiden ihre eigenen Wege gehen ließ, sollte
die über Sem ausgesprochene Segensverheißung zunächst in einem der
Söhne Tharah's, eines Hirtenfürsten aus dem semitischen Stamme Eber
zu Ur (dem heutigen Werka) in Unter-Chaldäa in Erfüllung gehen. Als
Tharah nämlich von seinen drei Söhnen — Abram, Nahor und Ha-
ran — den jüngsten durch den Tod verloren hatte, zog er mit seinen
Herden weiter westlich und ließ sich zu Haran in Mesopotamien (süd¬
östlich von Edessa) nieder. Hier erhielt gegen das Jahr 2000
Abraham (damals noch Abram d. i. „hoher Vater" genannt und bereits ^
75 Jahre alt) von Jehovah oder dem „HErrn" den Befehl, auszugehen
von seiner teilweise schon abgöttisch gewordenen Verwandtschaft und in ein
Land zu ziehen, das er ihm zeigen werde, mit der Verheißung, daß er
chn zu einem großen Volke machen wolle und daß in ihm alle Ge¬
schlechter auf Erden gesegnet werden sollten.
Abram gehorchte im Glauben und zog mit Lot, dem Sohne seines
Bruders Haran, nach Canaan, wo er unter den heidnischen Einwohnern,
en Zeitigen, d. i. den aus dem Lande jenseits des
Euphrat Gekommenen, nannten (daher seine Nachkommen Hebräer heißen),
als Fremdling nomadisch umherwanderte und den Namen des HErrn ver¬
kündigte, während Lot sich im Tale Siddim am Jordan niederließ und