404 Kap. 95. § 422 u. 423. Friedensschluß. Bestimmungen desselben. 
Nichts desto weniger unternahm Trochu noch am 19. Jan. (am Tage der Schlacht 
von St. Quentin und des Rückzugs der Bourbaki'schen Armee) von der Südostseite 
des Mont Valerien den letzten verzweifelten Versuch gegen Buzenval und Garches, 
um mit einem Aussallhcere von 100,000 Mann den feindlichen Belagerungsring zu 
durchbrechen. Glückte es ihm auch am Morgen, die Höhen bei dem Dorfe Garches 
zu nehmen, so wurde er dort bereits Nachmittags durch das furchtbare Geschützfeuer 
der Deutschen in seine frühere Stellung zurückgeworfen. Die Franzosen verloren 1200 
Tote, hatten überhaupt einen Verlust von 10,000 Mann, während der Verlust der 
Deutschen viel geringer war. Jetzt legte Trochu den Oberbefehl nieder; an seine Stelle 
trat General Leflo. Mit diesem letzten Versuch war die Widerstandskraft der Stadt 
erschöpft. Tags zuvor (18. Jan.) war in der Spiegelgallerie zu Versailles das deutsche 
Kaiserreich proklamiert, wovon weiter unten im Zusammenhang die Rede sein wird. 
Von dem dreiwöchentlichen Waffenstillstand war nur der östliche Kriegsschauplatz aus¬ 
geschlossen geblieben; doch ruhten auch hier thatsächlich die Waffen seit der Katastrophe 
von Pontarlier (1. Febr.) und dem Fall des festen Belfort (15. Febr.), dessen tapfe¬ 
rer Besatzung unter ihrem heldenmütigen Gouverneur, Oberst v. Den seit, nach 
lOKtägiger Belagerung (seit dem 3. Nov.) durch v. Treskow freier Abzug bewilligt 
wurde. Mit seiner noch immer 12,000 Mann starken Garnison zog sich Denfert 
hinter die Demarkationslinie zurück. 
Die Friedenspräliminarien. Am Abend des 26. Februar wurden nach lan¬ 
gen Verhandlungen zwischen Thiers (der seit dem 12. Febr. zum Chef der Vollzie- 
hunasgewalt der Nationalversammlung zu Bordeaux gewählt war), Favre und von 
Bismarck die Friedenspräliminarien unterzeichnet und am 2. März durch König 
Wilhelm ratifiziert. Nach den Friedenskonferenzen in Brüssel und Frankfurt a. M. 
wurden sie in dem definitiven Frieden vom 10. Mai bestätigt. 
(423.) Die wichtigsten Bestimmungen des Friedens waren: 
1) Frankreich läßt den Elsaß mit Straßburg und seinen anderen 
festen Plätzen, jedoch mit Ausnahme von Belfort, sowie Deutsch- 
Lothringen mit Metz in den Händen des Siegers. — Die Größe des 
abgetretenen Gebiets betrug 257 Quadrat-Meilen mit 1,580,000 Ein¬ 
wohnern (darunter 500,000 Franzosen). 
2) Frankreich zahlt an Kriegsentschädigungen 5 Milliarden Franken, 
die eine noch im Jahre 1871, die übrigen in dreijähriger Frist. 
3) Die deutschen Truppen räumen unmittelbar nach Ratifikation des 
Friedensvertrages durch die französische Nationalversammlung die Pariser 
Südforts uud das linke Seineufer. Die Räumung der übrigen zwischen 
dem rechten Seineufer und der Ostgrenze gelegenen Departements wird 
seitens der deutschen Truppen schrittweise je nach erfolgter Abzahlung der 
Kriegsentschädigung eintreten. 
Besonders demütigend für den französischen Nationalstolz war auch die deutscher¬ 
seits aufrecht erhaltene Forderung des Einmarsches und der Besetzung einiger Stadt¬ 
theile von Paris durch deutsche Truppen. Am 1. März rückten 40,000 Deutsche durch 
die Barriere de l'Etoile in Paris ein und lagerten auf den Champs Elisees und den 
benachbarten Plätzen, doch räumten sie nach erfolgter beiderseitiger Ratifikation der 
Präliminarien die Stadt bereits am 3. März. — Am 7. März verließ Kaiser Wil¬ 
helm Versailles, wo seit dem 5. Okt. das deutsche Hauptquartier gewesen war, und 
kehrte am 17. März in seine Hauptstadt Berlin zurück. Am 16. Juni fand der feier¬ 
liche Einzug in Berlin statt. 
(424.) So war denn die ungeheure Kriegsarbeit rühmlich für die 
Deutschen beendet. In dem kurzen Zeitraum von 6 Monaten war in 
diesem Kriege ohne gleichen die gesamte Wehrkraft des größten Krieger¬ 
staates zerbrochen; 156 Gefechte, 17 Schlachten waren geliefert, 3 große 
Heere in Festungen gedrängt und zur Übergabe gezwungen, in Summa 
fast eine Million bewaffneter Feinde getötet oder entwaffnet (100,000
	        
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