Full text: Lehrbuch für den Geschichtsunterricht an höheren Schulen

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Er ließ die Webereien und ihre Tuche nach bestimmten Vor- 
schriften streng überwachen, und bald wurden z. B. die 
blauen Tuche von Berlin bis nach Spanien verschickt. Er 
betrachtete den Staat nicht wie die andern Fürsten als sein 
Eigentum; er erkannte als seine königliche Gewissenspslicht, 
sein Volk „so viel nur mensch und möglich" zu „konservieren", 
es^ so wohlhabend zu machen, daß die Abgaben es nicht 
drückten. Sein „Generaldirektorium", in dem er sich selbst den 
Vorsitz vorbehielt, verteilte die Steuern auf alle Unterthaueu 
nach Maßgabe ihres Vermögens; sein eigener Hofhalt sollte 
nicht accisefrei sein. Er milderte die Fronlast und schützte 
die Bauern vor Mißhandlung: ein König der Bettler, wie 
die Franzosen spotteten. Er machte das Havelländische Luch 
urbar. An_ der Landwirtschaft hatte er selbst seine Freude; 
rastlos bereiste er die Provinzen und beaufsichtigte den Anbau 
seiner Domänen, den Verkauf des Holzes aus seinen Forsten 
wie des Salzes und der Kohlen aus seinen Bergwerken. In 
den wachsenden Städten fand der Landmann Absatz für sein 
Korn, ^ für das der König einen Mindest- und einen Höchst- 
preis festsetzte. In guten Jahren kaufte er Kornvorräte ein, 
um sie in tenern Zeiten billig abzulassen; so hat er, so später 
fem Sohn der Hungersnot vorgebeugt. Fleißige Hände suchte 
er stets zu gewinnen; „je mehr Menschen, desto lieber"; aber 
er bestimmte: „Bei Leib- und Lebensstrafe keine Polen, 
sondern lauter Deutsche!" In dem von der Pest entvölkerten 
Ostpreußen siedelte er Einwanderer an; er zahlte ihnen die 
Reise durch seine Lande und gab ihnen Häuser und Acker- 
geräte^ 15000 protestantische Bauern, die der Erzbischos 
von Salzburg auswies, nahm er unter seinen Schutz und 
verpflanzte sie an die Memel. Er selbst war duldsam; er 
verbot den Predigern alles Gezänke: nur die Furcht Gottes 
und das wahre, thätige Christentum sollten sie lehren. Als 
e[n, Protestantischer Eiferer ihn fragte, warum er in seinen 
rherntichert Regimentern katholische Feldprediger dulde, aut- 
wortete er trocken: „Weil da katholische Soldaten sind." 
Ausführung aller seiner Maßregeln bildete der 
königliche Zuchtmeister einen gewissenhaften Beamten stand 
2er""' er eine geachtete Stellung und in seiner Person 
das Vorbild aufopfernder Pflichttreue gewährte: „Die Re- 
genten lern zur Arbeit erkoren." 
4. Auch sein Nachfolger sollte kein Stubenhocker werden. 
Kronprinz Friedrich war am 24. Januar 1712 geboren, 1712 
etn Ich Otter Knabe mit großen dunkelblauen Augen. Sein 
Unterricht sollte schlicht und streng sein, ohne Schmeichelei.
	        
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