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Seit Karl d. Gr. hatten sich die deutschen Kaiser um die Lage der Bauern nicht
viel gekümmert. Etwas mehr für diese that die Geistlichkeit, zumal einige Mönchsorden
(z. B. die Cisterzienser und Prämonstratenser)^. Die zahlreichen kirchlichen Fasttage ver¬
anlaßten die Hebung der Fischzucht; der Wunsch, die Einnahmen zu erhöhen, führte zu
Iiodungen in den ausgedehnten Wäldern (daher die vielen Ortsnamen auf -rode,
-rat u. s. w.); in geeigneten Gegenden wurde der Weinbau weit über die gegenwärtige
Verbreitung desselben hinaus gepflegt, und so geschah noch manches für die Bessere Aus¬
nutzung von Feld und Flur. Auch die Jagdgesetze waren anfangs im Mittelalter noch
milde, und im allgemeinen scheint sich der Bauernstand bis zur Mitte des dreizehnten
Jahrhunderts in ziemlich guter Lage befunden zu haben. Dann aber wurde es viel
schlimmer. Immer mehr nahm die Leibeigenschaft zu. Immer größere Lasten wurden
den Bauern von ihren Herren auferlegt. Die hohe Jagd wurde ein Vorrecht der Großen;
die Jagdlust der Vornehmen steigerte sich, und die Übertretung der strengen Jagdgesetze
wurde mit harten Strafen geahndet.
Schon im fünfzehnten Jahrhundert hatten die Bauern durch den Bund-
fchuh und in den Aufständen des armen Konrad den Druck ihrer adeligen
und geistlichen Herren abzuschütteln getrachtet. Nun wurde „das Evange¬
lium von der christlichen Freiheit von ihnen auf die Befreiung von den welt¬
lichen Lasten bezogen, und auf den großen Volksmann Luther richteten sie
ihren Blick".
Der Ausstand begann Ende 1524 in der Nähe des Bodensees; er ver¬
breitete sich schnell in den Gegenden um den Rhein und die obere Donau.
Außer der freien Predigerwahl forderten die Bauern hauptsächlich die Ab¬
schaffung der Leibeigenschaft, der Frondienste und gewisser Abgaben, Frei¬
heit der Jagd und der Holzung, Abstellung des Wildstandes u. a. Anfangs
trat Luther für sie ein. Aber ihre Forderungen wurden von den Herren
zurückgewiesen. Da wollten die Bauern dieselben mit gewasfneter Hand
durchfetzen, und der Aufstand am Rhein und in Franken (Ermordung des
Grasen von Helsenstein) nahm einen immer wilderen Verlauf. Nun erklärte
sich der Reformator mit schroffster Entschiedenheit gegen sie. Nachdem Götz
von Berlichingen kurze Zeit der Führer der Bauern gewesen war, wurde
der Ausstand im südwestlichen Deutschland von dem schwäbischen Bunde
unterdrückt und die Teilnehmer an demselben in der grausamsten Weise
gezüchtigt.
Ähnlich ging es in Thüringen. An der Spitze der Aufständischen be¬
fand sich hier Thomas Münzer, der Apostel der Freiheit und Gleichheit,
der schon unter den Zwickauer Schwärmern und Propheten eine große Rolle
gespielt hatte. Gegen ihn und seinen Anhang verbündete sich Philipp twn
:) Vergl. Biedermann, Deutsche Volks- und Kulturgesch.
Friedlaender, Mittelalter und Neuzeit.
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