Full text: Deutsche, insbesondere brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Mittelalters bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen (Teil 3)

Erster Abschnitt. Brandenburgisch-preußische Vorgeschichte 61 
bis zum Großen Kurfürsten. 
6. Joachim II. Hektar und Hans von Küstrin (1535—1571). 
Entgegen den Bestimmungen der Dispositio Achillea hatte Joachim I. 
in seinem Testamente die Marken unter seine Söhne so geteilt, daß 
sein ältester Sohn Joachim die Kurwürde und den Hanptteil des Landes, 
der jüngere Sohn I o h a n n die N e n m a r k mit K ü st r i n als Haupt- 
stadt — daher Hans von Küstrin genannt — erhalten sollte. Beide 
Fürsten traten trotz des ihrem Vater gegebenen Versprechens, dem 
Drängen ihrer Untertanen nachgebend, zur Reformation über und 
führten diese in ihren Ländern ein, Johann sofort, Joachim II. 1539 
(§ 5, 4). Indessen suchte der Kurfürst eine vermittelnde Stellung ein- 
zunehmen und die kaisertreue Politik seines Hauses festzuhalten. Er trat 
weder dem Schmalkaldischen Bunde bei, noch beteiligte er sich am Schmal- 
kaldischen Kriege, während sein Bruder Hans und ihr Vetter Albrecht 
von Kulmbach sogar auf Seiten des Kaisers kämpften. 
Für eine künftige Erweiterung Brandenburgs sorgte Joachim II. 
durch einen Erbverirng, den er 1537 mit jdem Herzoge von Lieg- 
nitz, B r i e g und Wohlan abschloß, wonach diese Länder nach dem 
Aussterben des Herzogshauses au Brandenburg fallen sollten. Zwar 
wurde dieser Vertrug von König Ferdinand I. von Böhmen als Ober- 
Herrn Schlesiens nicht bestätigt, von dem Kurfürsten jedoch unter Be- 
rnfung auf alte Recpf der Herzöge ausdrücklich aufrecht erhalten. Ettf 
diesen Vertrag gründeten sich später Preußens Ansprüche ans Schlesien. 
Ferner verlangte Joachim vom Könige von Polen die M i t b e l e h n n n g 
über Preußen, das 1525 infolge der Reformation von A l b r e ch t 
von Preußen zu einem weltlichen Herzogtum? umgewandelt 
war (§ 5, 1). 
Während Joachim so für die Größe seines Hauses nach außen 
hin sorgte, erlitt die landesherrliche Gewalt im Innern des 
Landes unter ihm eine starke Einbuße. Infolge seiner verschwende- 
tischen Prachtliebe geriet er häufig in Geldnot und sah sich, um 
seine Schulden bezahlen zu können, genötigt, die Hilfe der Stände 
anzurufen, denen er dafür wichtige Rechte zugestehen mußte, wodurch 
die kurfürstliche Macht stark geschwächt wurde. 
Joachim starb 1571. Da sein Bruder Hans von Küstrin wenige 
Tage nach ihm ohne männliche Nachkommen starb, so vereinigte ihr 
Nachfolger 
7. Johann Georg (1571—1598) die gesamten Kurlande wieder in 
seiner Hand. Er war ein strenger und sparsamer Herr, der sich bemühte,
	        
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