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Maximilian I. 1493—1519.
Jede Selbsthilfe, das Faustrecht und das Fehderecht, sollte für alle Zeiten
verpönt sein. Die Reichsunmittelbaren, d. h. die Kurfürsten, die weltlichen
und geistlichen Fürsten, die Grafen, Reichsritter und Reichsstädte sollten künftig
alle ihre Rechtshändel vor dem Reichskammergericht zum Austrag bringen; die
Reichsmittelbaren konnten, sofern ihr Landesherr nicht das Privilegium de
non appellanclo hatte, von den Landesgerichten an jenes oberste Reichsgericht
appellieren. Das Reichskammergericht hatte seinen Sitz lange in Speyer, von
1689—1806 in Wetzlar. — Die zehn Kreise waren der österreichische, bur-
gundische, kurrheinische, fränkische, bayerische, schwäbische, oberrheinische, westfälische,
ober- und niedersächsische. Nicht einbegriffen waren Schweiz, Böhmen, Mähren,
Schlesien, Lausitz und Preußen.
Da der Kaiser aus die Besetzung des Reichskammergerichtes und auf
die Vollstreckung seiner Entscheidungen geringen Einfluß hatte, war Maxi-
milian I. nur ungern auf diese Neuerungen eingegangen. Umgekehrt wider-
strebten die Reichsstände, d. h. die (250) Mitglieder des Reichstags, die
Kurfürsten, Fürsten und Reichsstädte, seinem Plane, eine allgemeine Reichs-
steuer, den sogenannten gemeinen Pfennig, oder eine allgemeine Reichsaus-
Hebung einzuführen, obwohl jene nur auf 250 000 st., diese nur auf 30 000
Mann veranschlagt war. Die Reichsstände hielten an dem alten Brauche
fest, nur einen bestimmten Beitrag an Geld und an Mannschaft für das
Reich zu leisten, und diese Matrikularbeiträge oder Truppenkontingente
sammelten sie einzeln als Landesherren selbständig in ihren Gebieten, nicht
der Kaiser.
Das Verzeichnis, in dem die Beiträge der einzelnen Reichsstände aufgeführt
waren, nannte man Matrikel. Da die „Reichshilfe" für große Unternehmungen
nicht genügte, mußten Truppen um Sold angeworben werden. Solche Söldner
(ital. soldati) waren die Landsknechte (ministri provinciae). Für ihre Aus¬
bildung hat Maximilian I. soviel gethan, daß er sich den Vater der Landsknechte
nennen konnte. Je 400 bildeten ein „Fähnlein"; davon waren nur 25—50
mit Hakenbüchsen versehen, etwa 100 führten die Hellebarde, die andern bloß
einen Spieß.
Ebensowenig wie im Reiche, konnte Maximilian I. das kaiserliche An¬
sehen nach außen zur Geltung bringen. Die Könige von Frankreich, deren
wohlgefügter Staat bis an die Alpen vorgerückt war, griffen nach Italien
1499 über und eroberten Mailand; die Schweizer zwangen ihn (1499), sie als
„Reichsverwandte" von den Reichspflichten zu entbinden; die Venetianer
sperrten ihm den Weg, als er (1507) zur Kaiserkrönung nach Rom ziehen
wollte; seinen Lieblingswunsch, einen Kreuzzug gegen die Türken, brachte
er nie zur Ausführung. Jenes Vorgehen der Venetianer hatte die Folge,
daß Maximilian I. auch ohne päpstliche Krönung 1508 den Titel eines