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Friedrich der Große 1740—1786.
Österreich hat den größten Teil seiner polnischen Länder bis heute
behauptet; Preußen mußte dagegen schon 1807 seine meisten Erwerbungen
in Polen wieder herausgeben und 1815 an Rußland abtreten^
Die sogenannte Aufklärung des 18. Jahrhunderts.
1. Im Staate behaupteten die Fürsten noch immer die unumschränkte 41
Gewalt, und viele folgten noch dem Beispiele Ludwigs XIV., indem sie
das Wohl des Fürsten über das des Staates stellten, die Gesetze unter ihre
Willkür beugten und das durch drückende Steuern erpreßte Geld ver-
schwendeten. Doch wurde die Zahl derer immer größer, die sich nach dem
Vorbilde Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs II. nur als die ersten Diener
des Staates betrachteten, eisrig das Wohl ihrer Unterthanen förderten und
sich vor den Gesetzen beugten. Die schimpflichen Hexenprozesse und die
Tortur wurden abgeschafft.
Als absolute Despoten, die dem Grundsatz „der Staat bin ich" hul-
digten, machten sich berüchtigt: August der Starke von Sachsen, der Millionen
in Üppigkeit vergeudete; der „wilde Markgraf" Karl von Ansbach, Friedrichs II.
Schwager, der im Jähzorn einen Diener niederschoß; die Herzoge von Württem-
berg Karl Alexander, der sein Land durch den Juden Süß (Oppenheimer) aus-
saugen ließ, und sein Nachfolger Karl Eugen, der freimütige Männer Jahre lang
einkerkerte. Die Fürsten von Hessen, Ansbach, Braunschweig u. s. w. verkauften
ihre Landeskinder, den Mann etwa um 150 Mark, an die Engländer, die für den
Krieg gegen die Nordamerikaner (1775—1783) Soldaten brauchten. — Wie Lud¬
wig XIV. Versailles gründete, so erstanden durch die Baulust deutscher Fürsten
Charlottenburg, Nymphenburg, Ludwigsburg und Karlsruhe. — Landesväterlich
regierten Friedrich August III. von Sachsen, Karl Friedrich von Baden, der Bischof
von Bamberg und Würzburg Franz Ludwig von Erthal und der vielgeliebte Kur-
fürst der Bayern, Maximilian III. Joseph, der treffliche Gesetzbücher ausarbeiten
ließ und ein Vater der Armen war (besonders in der Hungersnot 1771; Einfüh¬
rung des Kartoffelbaues). Der Grundsatz dieser sog. aufgeklärten Despoten
war: „Alles für das Volk, nichts durch das Volk."
2. Die religiösen Fragen und Unterschiede wurden in der Politik und
in der Wissenschast weniger leidenschaftlich behandelt. Die Protestanten ließen
sich durch Leibnitz (1646—1716) und endgültig durch Friedrich II. bestimmen,
den durch Papst Gregor XIII. 1582 verbesserten Kalender anzunehmen.
/Der Julianische Kalender berechnete das Jahr zu 3651/4 Tagen, d. h.
um 12 Minuten zu lang. Gregor XIII. bestimmte daher, daß der auf den
4. Ortober 1583 folgende Tag als der 15. Oktober gezählt werden sollte; es wurden
also 10 Tage übersprungen. Die Protestanten weigerten sich, diese Kalender-
Verbesserung anzunehmen, und feierten Weihnachten, Ostern und die andern Festtage
nicht zugleich mit den Katholiken. Dadurch wurde der konfessionelle Friede lange
empfindlich gestört. — 1743 gründete der Markgraf Friedrich von Bayreuth die