Full text: Lehrbuch für den ersten Unterricht in der griechischen und römischen Geschichte (Bd. 1)

Marius und Sulla. 91 
doch für die Republik eine große Gefahr. Je zahlreicher von da an die 
besitzlose Klaffe die Reihen des Heeres füllte und aus dem Kriegsdienst ein 
Gewerbe machte, desto weniger galt der Kriegsdienst bei den Angehörigen 
der besseren Stände als Pflicht oder als Ehre. Bürger und Soldaten 
schieden sich in zwei schroff gesonderte Stände, die erftern schlaff und selbst¬ 
süchtig, die letztern roh und anmaßend. Wer durch glänzende Siege, reiche 
Beute und Geschenke die Soldaten für sich gewann, der war stärker als 
Senat und Volk, er war Herr im Staate. 
Marius und Sulla. 
Der erste Bürgerkrieg. 
104 L. Cornelius Sulla, der Sprößling einer vornehmen, wenn auch 
nicht fehr reichen Familie, war der bedeutendste Vorkämpfer der Optimaten- 
partei. Lebenslustig als Jüngling und zeitlebens ein Freund des Frohsinns 
und des Genusfes war der feingebildete Aristokrat das Gegenbild von 
Marius, der sich aus drückenden Verhältnissen hatte herausarbeiten müssen 
und es nie zu einem heitern Lebensgenuß gebracht hat. Nur au kriegerischer 
Begabung waren beide einander gleich. Im Kriege gegen Jugurtha, gegen 
die Cimbern und die Bundesgenossen hatten sie vereint gekämpft, jetzt traten 
sie einander als Häupter der Volks- und der Optimatenpartei feindlich entgegen. 
Sulla war im Jahre 88 zum Konsul ernannt und daher in dem88 
eben ausgebrochenen Kriege gegen Mithridätes, König von Pontns in 
Kleinasien (§ 106,4), mit dem Oberbefehl betraut worden. Obwohl sich 
Sulla auf diesem Kriegsschauplatz schon glänzend bewährt hatte, sprach ihm 
die aufrührerische Volkspartei den Oberbefehl ab und übertrug ihn dem 
Marius. Daraufhin rückte Sulla, der bereits zu seinem Heere nach Unter¬ 
italien abgereist war, gegen Rom, nahm die Stadt mit Sturm und zwang 
die Häupter der Volkspartei zur Flucht. Kaum hatte aber Sulla mit 
seinen Legionen Italien verlassen, um gegen Mithridates zu kämpfen, da 
kehrten feine Gegner, darunter auch Marius, nach Rom zurück. In den 
vielen Nöten, die der greife Marius in feinem Versteck bei Minturnä und 
auf den Trümmern von Karthago durchkosten mußte, hatte den abergläubischen 
Mann der Spruch einer Wahrsagerin aufrecht erhalten, die ihm schon in 
feiner Jugend sieben Konsulate verheißen hatte. Und in der That wurde 
Marius, nachdem die Optimatenpartei in Rom gesprengt und ihre Führer 
ermordet waren, zum siebenten Mal Konsul 86; doch starb er schon86 
nach wenigen Tagen. An feiner Statt führte Cinna im Namen der 
Volkspartei eine Gewaltherrschaft bis zur Rückkehr Sullas.
	        
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