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Die hohenstaufischen Kaiser.
Heeres, auch den verdienten Rainald, hinweg. Im Rücken erhoben sich die
lombardischen Städte; Friedrich I. rettete sich mit genauer Not auf der allein
noch unbesetzten Alpenstraße bei Suso1) (am M. Cenis) nach Deutschland 1168.
Die Verhältnisse Deutschlands nahmen die Anwesenheit des Kaisers
sechs Jahre in Anspruch. Mittlerweile erstand Mailand aus seinen Trum-
merit, und zum Veroneser Bund trat der lombardische Städtebund.
Jn gutgewählter, sumpfiger Gegend wurde eine Bundesfestung, dem Papste
zu Ehren Alessandria genannt, gegründet. An dieser scheiterte Fried-
richs Angriff gleich zu Anfang seines fünften Römerzuges 1174.
Gleichwohl war die Lage des Kaisers nicht ungünstig; es wurden Friedens-
Unterhandlungen angeknüpft und die beiderseitigen Heere entlassen. Da
aber der Papst die Forderung stellen ließ, daß auch Alessandria in den
Frieden mit einbegriffen werde, zerschlugen sich die Verhandlungen, und
es kam wieder zum Kampf. Der Kaiser war darauf nicht vorbereitet.
Heinrich der Löwe verweigerte seine Unterstützung, obwohl sich Fried¬
rich I. (zu Partenkirchen oder Chiavenna) zu den demütigsten Bitten herbei-
~417ß ließ. Bei Legnäno (nw. von Mailand) erlag das kaiserliche Heer den
Mailändern und ihren Bundesgenossen. Die Niederlage war nicht so
furchtbar, als sie im ersten Schrecken erschien, wo man den Kaiser selbst
vermißte und für verloren hielt. Immerhin mußte sich Friedrich I. von
der Erfolglosigkeit seiner bisherigen Politik überzeugen; und es ehrt ihn,
daß er dieser Überzeugung seinen Stolz zum Opfer brachte und seinem
1177 großen Gegner Alexander III. die Friedenshand darbot. Kaiser und Papst
söhnten sich zu Venedig aufrichtig miteinander aus;2) der Kaiser erkannte
Alexander III. als rechtmäßigen Papst an und wurde vom Banne gelöst.
Nach Ablauf eines sechsjährigen Waffenstillstandes kam es auch mit den
lombardischen Städten zu einem endgültigen Frieden zu Konstanz 1183.
Die Lombarden schwuren dem Kaiser Treue und gestanden ihm das Recht
zu, ihre Beamten zu bestätigen, im übrigen aber behaupteten sie-fast unverkürzt
ihre Selbständigkeit.
') Der treue Hartmann von Siebeneichen bot sich in des Kaisers Bett den Dolchen
der Verschworenen dar, während Friedrich verkleidet aus Susa entrann. Die Verschworenen
ehrten die edle Gesinnung Hartmanns und schonten sein Leben.
2) Daß Friedrich I. beim Umzug in Venedig dem Papste den Steigbügel hielt,
war keine persönliche Demütigung, die etwa mit jener verglichen werden könnte, die
100 Jahre zuvor einem deutschen Kaiser widerfuhr. Friedrich I. hatte sich schon 1155
zu diesem Dienste bequemt, und im Sachsenspiegel heißt es: „Derne babste ist ouch
gesaczt zu ritene zu bescheidener zeit uf eime blanken pferde, und der keyser sal
im den stegereif halden."