120 Das Heroenzeitalter.
Philoktstes Vater und Freund des Herakles, musste demselben diesen
letzten Liebesdienst leisten. Zum Danke dafür vermachte ihm Herakles seinen
Bogen mit den giftigen Geschossen.
Während der sterbliche Theil des Herakles auf dem Scheiterhaufen
verbrannte, senkte sich eine Wolke auf denselben herab und entführte seine
unsterbliche Seele nach dem Olymp, wo sie fortan glücklich verweilte. Selbst
des Herakles alte Feindin pere trat ihm jetzt versöhnt entgegen und gab
ihm ihre eigene Tochter Hebe zur himmlischen Gemahlin. Des Herakles
Schattenbild aber sank in den Hades.
Herakles war ursprünglich ein Gott der Sonne (derphönizische Melkarth),
und in manchen Zügen der Sage glaubt man noch diese Bedeutung zu erkennen.
So soll z. B. die ihm zugeschriebene Gefräßigkeit 'aß er doch einmal einen ganzen
Ochsen auf), ein Bild der alles verzehrenden Kraft der Sonne sein. Im Ganzen ist
er ein Bild der über die finsteren Naturmächte triumphirenden Kraft der Sonne.
Der Herakles der Sage aber stellt die kraftvolle Menschennatur dar, die durch große
und edle Thaten dem Göttlichen zustrebt, die aber noch nicht durch Gesetz und Sitte
gebändigt ist und darum mitunter auch wilde und blutige Thaten verübt; endlich
aber ihr Ziel durch die Sühne eines mühevollen Lebens erreicht. Er ist hauptsächlich
das Ideal des dorischen Stammes und wurde von Dichtern und Künstlern häufig
dargestellt. Die Abbildungen von ihm tragen immer den Ausdruck von Kraft und
Stärke. Diesen Ausdruck erhöhen seine kurzen, etwas vorwärts gekrümmten Haare.
Nach seinem Tode wurde Herakles als Halbgott oder Heros verehrt. Geopfert
wurden ihm Stiere, Widder, Lämmer und Eber. Geweiht waren ihm die Silber-
pappel, der wilde Ölbaum, der Eppich und die Wachtel, sowie alle warmen Quellen.
Zu Athen war ihm das Gymnasion Kynösarges gewidmet, weil einst bei einem
Opfer, das ihm gebracht wurde, ein Hund die weißen Schenkelknochen des Opfer-
thieres an die Stelle getragen hatte, wo das nach dieser Begebenheit Kynösarges d. i.
Hundsweiß benannte Gymnasion errichtet wurde.
Die Herakliden unter Herakles SohnZHyllos.
Nach Herakles Tode verfolgte Eurystheus auch die Söhne des
Helden, die herakliden. Er bedrohte den Keyx von Trachis mit Krieg,
wenn er die Herakliden nicht vertreibe und diese, mit ihnen die greise
Alkmene, zogen von Jöläos geführt nach Athen, wo sie an dem Altare
des Mitleids die Hülfe des athenischen Volkes und seines Königs Demo-
Phon, des Thesens-Sohnes, anflehten. Die Athener und ihr dem Herakles
verwandter König versprachen den Söhnen des großen Helden ihren Schutz.
Ehe aber die bevorstehende Schlacht mit Eurystheus geliefert wurde, ver-
küydigte das Orakel, eine edle Jungfrau aus dem Hause des Herakles
müsse geopfert werden, wenn man den Sieg erlangen wolle. Makaria,
des Herakles Tochter, erbot sich freiwillig zu dem Opfer und starb freudig
für ihr Haus. Nun nahten sich die Heere des Eurystheus und der He-
rakliden bei den skiro nischen Felsen. Jöläos erflehte sich von den
unsterblichen Göttern noch einmal für einen Tag die alte Jngendkrast. Die
Bitte wurde ihm gewährt; und er erfocht an der Spitze der Herakliden
einen vollständigen Sieg. Eurhstheus wurde gefangen vor Alkmene gebracht.
Diese, von Hass erfüllt gegen den Menschen, der ihrem Sohne so viele
Trübsal verursacht und ihre Enkelin in den Tod getrieben hatte, bestand
darauf, dass er getödtet werde. Eurystheus aber weissagte vor seinem Ende
noch den Athenern, die Nachkommen des Herakles würden sie einst schwer
bekriegen.
Hyllos zog nun zwar durch Argos, kehrte aber nach Athen zurück,
weil im Peloponnes eine Pest ausgebrochen war und das Orakel ihn ge-