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Deutsche Geschichte bis zur Gründung des nationalen Staats 919.
mStchonb Goten, die den jungen, kühnen und hochsinnigen Alarich aus dem Königs-
geschlecht der Balthen als König auf den Schild erhoben. Zuerst durchzog
Alarich verheerend mit seinen Scharen die Balkanhalbinsel bis zum
Peloponnes, bis ihm dort Stilicho Halt gebot. Dann machte er einen
Angriff auf Oberitalien; aber wiederum schlug ihn Stilicho zurück.
Da wurde Stilicho bei Honorius geheimer Anschläge auf den Thron
bezichtigt und auf Befehl des Kaisers in Ravenna ermordet. Nun brach
von neuem Alarich über die Grenzen. Während sich Honorius feige in
das von Sümpfen und Mauern umgebene, uneinnehmbare Ravenna
zurückzog, durchzog er, ohne im Felde Widerstand zu finden, Italien.
Dreimal erschien er vor Rom. Das erste Mal begnügte er sich mit
einem ungeheuren Lösegeld, das ihm die Römer zahlen mußten; das
dritte Mal nahm er die Stadt, die seit der Verbrennung durch die
Gallier keinen Feind in ihren Mauern gesehen hatte, durch Überfall und
@r9tom§n6 sie drei Tage plündern. Dann führte er sein Heer nach Süden; er
410 hatte die Absicht, nach Sizilien und dem getreidereichen Afrika hinüber¬
zugehen und dort ein westgotifches Reich zu gründen. Da starb er
plötzlich in der Landschaft Kalabrien und wurde in dem Bette des
Busento, den die Goten abgeleitet hatten, von seinem trauernden Volke
unter hohen Ehren begraben.
Der Staat § 17. Germanische Staaten auf dem Boden des weströmischen
Westgoten Reiches. Auf Alarich folgte als König der Westgoten sein Schwager
Athanlf. Dieser verließ Italien und zog nach dem südlichen Gallien.
Bald darauf fiel Athaulf durch Mord. Zum König wurde Wallia er-
hoben. Dieser begründete im Frieden mit dem römischen Kaiser, dessen
Oberhoheit er anerkannte, ein Reich, dessen Hauptstadt Tolosa, das heutige
Toulouse, wurde; es -erstreckte sich auch über große Teile Spaniens
und wurde allmählich bis zur Südspitze dieser Halbinsel ausgedehnt. Es
war der erste germanische Staat, der auf römischem Boden entstand.
Indessen waren auch andere germanische Völker in das römische
Reich eingedrungen. Stilicho hatte, um nur Italien zu retten, die
Legionen von der Rheingrenze heranziehen müssen. Darauf hatten zuerst
die wilden Scharen der Wandalen, die früher in Schlesien saßen, und
andere Stämme den Strom überschritten, sich plündernd über Gallien er-
gössen und sich sodann nach Spanien gewandt. Von hier gingen die
Wandalen 'unter ihrem ebenso grausamen und gewalttätigen wie kühnen
Der^Staatund tatkräftigen König Geiferich (Genferich) nach dem reichen Afrika
Wandalen hinüber, das einst das Ziel des Alarich gewesen war. Sie eroberten