Full text: Geschichte des Mittelalters (Teil 2,1)

an; aber den sehr wohlgezielten Speerstoß riß Syphax, hinzuspringend, in 
die Höhe: und ehe Ragnaris den Speerschaft losgelassen und das Hand¬ 
beil aus dem Gürtel gerissen, stieß ihm Cethegus das Schwert zwischen 
den Augen in die Stirn. 
Erschrocken wichen die Goten vor dem Engpaß dem schrecklichen 
Römer aus und drängten sich neben ihrem König vorbei in die deckende 
Schlucht. Nur Aligern, Tejas Vetter, wollte nicht weichen; er warf 
den Speer so stark auf des Cethegus Schild, daß er diesen durchbohrte: 
aber Cethegus ließ den Schild sinken und fing den wild Anrennenden 
mit dem Schwert ab: in die Brust gestochen fiel Aligern in des alten 
Hildebrand Arme, der, seinen schweren Steinhammer fallen lassend, mit 
Mühe den Verwundeten an Teja vorbei in den Engpaß tragen wollte. 
Zwar auch Aligern hatte gut getroffen: stark blutete des Cethegus 
Schild-Arm. Doch er achtete es nicht; nachdringend wollte er beide 
Goten, Hildebrand und Aligern töten: da ersah Adalgoth den verhaßten 
Verderber seines Vaters. „Manch! Alarich!" rief er mit Heller Stimme; 
und vorspringend raffte er des alten Waffenmeisters schwere Steinaxt 
vom Boden auf. „Alarich!" rief er nochmal. 
Cethegus horchte hoch auf bei diesem Namen. Da sauste die Stein¬ 
axt, scharf gezielt, heran und schlug schmetternd auf seinen stolz ge¬ 
schweiften Helm; betäubt sank Cethegus um: Syphax sprang hinzu, 
faßte ihn mit beiden Armen und riß ihn rückwärts aus dem Gefecht. 
Aber die Legionäre wichen nicht; sie konnten nicht weichen; hinter 
ihnen drängten, von Narses nachgeschickt, zweitausend Perser und Thra- 
kier empor. 
Ein so furchtbarer Hagel von Geschossen schlug alsbald wider die 
schmale Mündung der Schlucht, daß kein Gote mehr heraus und vor den 
König zu treten vermochte. Und nun verteidigte Teja, den Engpaß mit 
seinem Leib und seinem Schilde deckend, geraume, sehr geraume Zeit 
ganz allein sein Gotenvolk. 
Bewunderungsvoll hat uns Prokop, nach der Augenzeugen Bericht, 
diesen letzten Kampf des Teja geschildert. 
„Nun hab' ich das Gefecht zu schildern, das höchst denkwürdige, 
und eines Mannes Heldentum, das hinter keinem derer, die man Heroen 
uennt, zurücksteht — des Teja. Er stand, allen sichtbar, mit dem 
Schilde gedeckt, den Speer zückend, vor der Schlachtreihe der Seinen. 
Rlle tapfersten Römer, deren Zahl groß war, stürmten nur gegen ihn 
un; denn mit seinem Fall, meinten sie, sei der Kampf zu Ende. Alle 
schleuderten und stießen auf ihn die Lanzen: er aber fing die Lanzen 
sämtlich aus mit seinem Schild: und er tötete in plötzlichem Ansprung 
einen nach dem andern, unzählige. Und wenn der Schild so schwer 
bon Geschossen starrte, daß er ihn nicht mehr halten konnte, winkte er 
dem Schildträger, der ihm einen neuen reichte; so stand er, nicht sich
	        
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