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Die deutsche Kaiserzeit 919 — 1260.
Handel Denn jetzt war auch der deutsche Handel emporgekommen. Die
Straßen, für deren Ausbau freilich meist wenig Sorge getragen wurde
und die noch dazu oft Wegelagerer unsicher machten, wurden belebt durch
die Wageu der Kaufleute. Der Rhein, die Donau, die Elbe und die
anderen großen Ströme wurden von Schiffen befahren, und der Hafen
mancher Stadt war gefüllt mit bewimpelten Fahrzeugen. Aber die deut-
schen Schiffer hatten sich auch längst auf die hohe See hinausgewagt;
Nord- und Ostsee waren damals deutsche Meere, wo man kaum andere
als deutsche Flaggen sah. Der Handel war anderer Art als heute; wer
Kausfahrtei trieb, der mußte selbst hinaus in die Fremde, mußte die
Waffen führen können, mußte mancher Gefahr gewärtig sein, die ihm
Sturm und Schiffbruch, Überfall von Seeräubern, rechtlose Behandlung
durch fremde Fürsten und Volksstämme bringen konnten; dafür harrte
seiner auch oft, wenn ihm alles gut gelang, ein außerordentlich hoher
Gewinn. An den Küsten Skandinaviens und des heutigen Ruß-
lands landeten die deutschen Kaufleute und gründeten dort Handels-
Niederlassungen; da verkauften sie deutsche Waren, Tuch und Leinwand,
Metallgeräte, Lederwaren, Spezereien, Bier und Wein, während sie Lan-
deserzeugnisse, Getreide, Holz, Häute, Pelze, Honig und Wachs, ein-
kauften. Ein besonders wichtiger Handelsgegenstand war der Hering,
dessen Fang in jener Zeit allein von deutschen Kaufleuten betrieben wurde
und der als Fastenspeise sehr beliebt war und weithin versandt wurde.
Aber auch nach Süden ging der deutsche Handel. Durch die Kreuzzüge
war ein lebhafter Verkehr mit dem Morgenland, der Levante, entstanden,
der fast allein in der Hand italienischer Städte, vor allem Venedigs
und Genuas lag. Von diesen Städten führten die deutschen Kaufleute
die Erzeugnisse des Morgenlandes und des südlichen Europas, Gewürze,
Wein und Öl, Sammet und Seide, Glas- und Metallwaren, über die
Alpen nach den großen Handelsplätzen am Rhein und an der Donau. Noch
erhebt sich an dem größten Kanal Venedigs ein mächtiger Palast, der
den Namen '„Kaufhaus der Deutschen" trägt.
gründungen § 80, Städtewesen und Bürgertum. Deutschland war ein städte-
reiches Land geworden. Die deutschen Könige, sodann die deutschen
Fürsten hatten viele Städte gegründet, wo man Markt abhalten durfte
und die durch Mauern gegen fremde Angriffe und Überfälle geschützt
waren. Ein Schultheiß waltete und richtete in der Stadt oder auch ein
Graf, der den Namen Burggraf trug; denn auch die Städte bezeichnete
man als Burgen. Vielfach gab der König auch die Stadt dem Bischof,