Full text: Deutsche Geschichte von der Thronbesteigung Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

288 Achter Zeitraum. Bis zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches. 
Dritter Abschnitt. 
Die Wiedergeburt Preußens und die Befreiuug Deutschlands 
von der Fremdherrschaft (1807—1815). 
Was in den Jahren 1806 und 1807 in Preußen vorging, zeigte deutlich 
die Notwendigkeit einer durchgreifenden Umgestaltung auf allen Gebieten des 
öffentlichen Lebens. Man erkannte, daß man „auf den Lorbeeren Friedrichs des 
Großen eingeschlafen" war (Worte der Königin Luise). Der Erkenntnis folgte 
die Tat. Die Wiedergeburt Preußens vollzog sich in der Zeit von 1807 
bis 1812, und zwar im Gegensatze zur französischen Revolution auf unblutige, 
friedliche Weise K 
Währenddessen griff die Gewaltherrschaft Napoleons immer weiter 
um sich. Vereinzelte Erhebungen und Volkskriege vermochten sie nicht zu er- 
schüttern, bis schließlich nach dem unglücklichen Feldzuge Napoleons gegen 
Rußland (1812) jener Riesenkampf entbrannte, in welchem die europäischen 
Völker, zu einem großen Bunde vereinigt, das französische Joch abschüttelten 
und Deutschland unter der hervorragenden Teilnahme des wiedererstarkten 
Preußens die endgültige Befreiung von der Fremdherrschaft errang 
(1813—1815). 
I. Die Wiedergeburt Preußens. Bei dem großen Werke, das 
Friedrich Wilhelm III. nach dem Tilsiter Frieden begann, wurde er von 
einer Reihe bedeutender Männer beraten und unterstützt, die ihre Heimat 
fast alle in dem außerpreußischen Deutschland hatten. In erster Linie sind 
zu nennen Stein und Scharnhorst. 
Karl vom und zum Stein wurde geboren zu Nassau a. d. Lahn. Er 
war der Sproß eines reichsunmittelbaren Rittergeschlechtes. Nach Vollendung seiner 
Studien trat er in preußische Dienste, wurde Präsident der klevischen und 
märkischen, dann Oberpräsident sämtlicher westfälischen Kammern. Darauf kam 
er als Handelsminister in das Generaldirektorium, wurde aber wegen seines 
„trotzigen" Benehmens entlassen (4. Januar 1807). Im Herbste des Jahres 1807 
berief Friedrich Wilhelm ihn an die Spitze des Staates. Aber nicht viel 
fci§ länger als ein Jahr blieb Stein in dieser Stellung. Von Napoleon als „ein 
1808Wrind Frankreichs und des Rheinbundes" geächtet, floh er nach Osterreich 
und von da einige Jahre später nach St Petersburg (1812). Hier wurde er 
der Berater des Zaren, der inzwischen sich wieder mit Napoleon verfeindet 
hatte. Auch während der Befreiungskriege sehen wir ihn an der Seite des 
russischen Kaisers. Nachher lebte er auf seinem Gute Kappenberg in West- 
feilen, wo er im Jahre 1831 gestorben ist. Stein war ein echter Rheinfranke 
1 „Bei uns gestalteten sich die neuen Verhältnisse ohne Donner und Blitz, 
und in Frankreich veranlagte das dortige Versahren das furchtbarste Ungewitter, 
welches über ein Land kommen konnte." Worte des Ministers v. Schön, der großen 
Anteil an der Reform hatte.
	        
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