62 Vierter Zeitraum. Das Deutsche Reich von Heinrich I. bis zum Ende der Stauf er.
b) Siegreiche Kämpfe mit den Wenden, Ungarn und Dänen. Wie
locker die Einigung der deutschen Stämme zunächst noch war, lehrten die Kriege,
welche Heinrich mit feinen Sachsen allein ausfechten mußte.
Aber gerade diese siegreichen Kämpfe umgaben das Königtum mit neuem Glänze
und befestigten feine Stellung in den Augen aller Deutschen sowohl wie des
Auslandes.
Bei einem Einfalle der Ungarn bekam Heinrich einen ihrer Haupt-
linge in seine Gewalt. Gegen dessen Auslieferung und das Versprechen
eines jährlichen Tributs wurde ihm ein neunjähriger Waffen still-
stand bewilligt. Die so gewonnene Frist benutzte der König, um Land
und Volk wehrhaft zu machen: 1. In den Grenzlanden Sachsens und
Thüringens ließ er die vorhandenen Burgen (Festungen) ummauern
und neue anlegen. Gleichzeitig bestimmte er, daß ein Teil der ländlichen
Bevölkerung in die Burgen übersiedeln sollte, und legte so den Grund zur
Ausbildung städtischen Zusammenlebens in dem Teile Deutschlands, wo
noch die altgermanische Abneigung gegen das Wohnen hinter beengenden
Mauern herrschte. Solche Burgen waren u. a. Goslar, Quedlinburg
und Merseburg. 2. Um die Ungarn mit ihrer eigenen Kriegsweise zu
bekämpfen, schuf er in seinem Herzogtum Sachsen, wo bisher das Fußvolk
der freien Bauern die Hauptwaffe gebildet hatte, ein tüchtiges Reiter-
Heer. Zur besondern Schulung der jungen Truppe unternahm er mehrere
Feldzüge gegen die heidnischen Wenden. Er besiegte die Heveller, einen
Zweig der Wilzen (S. 49), und drang über die zugefrorene Havel in
928 ihre Hauptstadt Brennaburg (Brandenburg) ein. Dann unterwarf er
die Daleminzier und gründete auf einer waldigen Höhe an der Elbe die
Burg Meißen. Ebenso demütigte er den Böhmenherzog Wenzel durch
die Eroberung seiner Hauptstadt Prag. Die besiegten Stämme wurden
zinspflichtig.
Als der Waffenstillstand mit den Ungarn zu Ende ging, erklärte
Heinrich, den Tribut nicht länger zahlen zu wollen. Bald kamen deshalb
unermeßliche Raubscharen die Elbe herunter und ergossen sich in zwei
Heerhaufen über das unglückliche Thüringen. Die Hauptmasse wollte von
hier aus in Sachsen einfallen; aber Heinrich trat ihr an der Unstrut,
westlich von Merseburg, entgegen und schlug sie beim ersten Angriff in
933 die Flucht.
Auch im Norden wahrte der König die deutsche Ehre. Dort hatten
die Dänen die sächsische Bevölkerung ganz vom rechten Ufer der
unteren Elbe verdrängt (vgl. S. 49). Heinrich entriß dem Feinde das
eroberte Gebiet und errichtete zwischen Eider und Schlei die Mark
Schleswig.