Vorzeit und Mittelalter.
I. Deutsche Geschichte
bis zur Gründung des nationalen Staats 919.
1. Die germanische Vorzeit.
Die Urzeit.
§1. Von den ältesten Bewohnern des deutschen Landes berichtet
uns keine schriftliche Überlieferung; wir wissen von ihnen nur durch die Reste Reste,
ihrer Kultur, die sie uns in ihren Gräbern oder an ihren einstigen Wohn-
statten hinterlassen haben. Unter den Wohnstätten sind die Pfahlbauten,
deren Überbleibsel man vornehmlich in Alpenseen gefunden hat, besonders
merkwürdig. Die Gräber sind, je nachdem die Leiche bestattet oder ver-
brannt wurde, entweder von einem Rasenhügel überwölbte Steinkammern,
die sogenannten Hünengräber, oder es sind Urnengräber. Den Toten pflegte
man Waffen, Werkzeuge, Schmucksachen, irdene Töpfe mitzugeben. Die
Waffen und Werkzeuge wurden in der ältesten Zeit aus Stein, später aus
Bronze, d. h. einer Mischung von Kupser und Zinn, angefertigt; erst in den
letzten Jahrhunderten v. Chr. wird das Eisen häusiger. Wir unterscheiden
demnach eine S t e i n z e i t, die wir in eine ältere und eine jüngere Steinzeit
zerlegen, eine Bronzezeit und eine Eisenzeit.
Welchen Stammes die ältesten Bewohner des mittleren Europas waren, ^2;
und wann die Germanen, unsere Vorfahren, eingewandert sind, ist uns nicht
bekannt. Die vergleichende Sprachwissenschaft hat uns aber darüber belehrt,
daß sie einst einem Urvolk angehörten, das vielleicht im mittleren Rußland
wohnte und vorzugsweise Viehzucht trieb; aus diesem Urvolk, das wir als
die Jndogermanen zu bezeichnen pflegen, sind nicht nur die wich-
tigsten Volksstämme Europas, die Slaven, Germanen, Kelten,
Griechen und Jtaliker, sondern auch die Inder und Perser her-
Neubauer, Geschichtl. Lehrb. für Mädchensch. II. 4. Aufl. 1