fullscreen: Charakterbilder aus der Geschichte der christlichen Reiche (Band 2)

Johanna gefangen, der Zauberei angeklagt. Auf dem Scheiterhaufen verbrannt. 393 
Jungfrau ließ sich bewegen, auch ferner die Gefahren des Krieges zu teilen. Sie begleitete 
das Kriegsvolk, welches sich im Mai 1430 in das von den Engländern uud Burgundern 
belagerte Compiegne warf. Am 24. Mai unternahm die Besatzung einen Ausfall, trieb 
anfangs die Feinde zurück, aber die schnell sich mehrende Zahl derselben nötigte sie bald zum 
Rückzüge; Johanna selbst war unter den letzten Kämpfenden. Der Befehlshaber der Stadt, 
welcher befürchtete, die Feinde möchten mit den Freunden in dieselbe eindringen, ließ das 
Fallgitter nieder und das Tor schließen; so blieb die Jungfrau draußen mit wenigen der 
Ihrigen. Da warfen sich die Feinde auf sie uud riefen ihr zu: „Ergebt euch uud schwört 
Treue!" Sie erwiderte: „Ich habe einem andern Treue geschworen und werde ihm meinen 
Schwur halten." So fiel sie in die Hände der Burgunder, die sie vier Monate lang zu 
Beaulieu in Vermandois gefangen hielten und dann für eine bedeutende Geldsumme den 
Engländern überließen. Als sie erfuhr, daß sie diesen ausgeliefert werden sollte, sprang sie 
von dem Turme, in welchem sie gefangen war, herab, um zu entfliehen; man fand sie ohn¬ 
mächtig auf dem Boden liegen, aber kein Glied war gebrochen. Nun wurde sie in die Burg 
vou Rouen geführt. Der Herzog von Bedford beschloß, ihr den Prozeß zu machen, um sie 
aus der Welt zu schaffen; denn solange sie lebte, glaubten sich die Engländer in Frankreich 
nicht sicher. Er beauftragte damit den ihm gänzlich ergebenen Bischof von Beauvais, Pierre 
Gauchon, weil sie in dessen Diözese gefangen worden war. Am 21. Februar 1431 wurde 
sie vor Gericht geführt. Man klagte sie der Zauberei an, schon unter jener alten Buche 
zu Domremy sei sie mit den Mächten der Unterwelt in Verbindung getreten, und erklärte die 
Stimmen, die sie oft gehört zu haben vorgab, als dämonischen Betrug. Auch wurde der 
Umstand besonders hervorgehoben, daß sie männliche Kleiber getragen hatte, was dem Weibe 
verboten sei. Man ermüdete sie durch drei- bis vierstündige Verhöre, legte ihr, obwohl sie 
weder lesen noch schreiben konnte, verwickelte theologische Fragen vor und verweigerte ihr 
allen rechtlichen Beistand. Man drohte ihr mit der Folter; allein sie erklärte, wenn man sie 
auch in Stücke risse, könne sie keine andere Aussage machen, als daß sie alles, was sie ge¬ 
tan, auf Geheiß Gottes vollbracht habe. Endlich las man ihr das Verdammungsurteil vor 
und wollte sie dem Henker übergeben. „Ich will mich an das halten, was die Richter und 
die Kirche über mich sagen," erwiderte sie. „Johanna unterschreibe," rief man ihr zu, „habe 
Mitleid mit dir selber!" und versprach ihr, sie dann in ein kirchliches Gefängnis zu bringen. 
>zetzt gab sie nach in Verwirrung. Ein Geheimschreiber des Königs von England zog eine 
Formel aus dem Ärmel, man führte ihr die Hand und sie unterzeichnete ein Kreuz. Man 
verurteilte sie zu lebenslänglichem Gefängnis. Allein dies war den Engländern nicht genug. 
Johanna bekam Frauenkleider, blieb aber von englischen Soldaten bewacht. Am 27. Mai 
erhielt Bischof Sauchon die Nachricht, sie habe wieder Mannskleider angezogen, die man vor 
ihi liegen gelassen. Auf die Frage, warum sie das getan, antwortete sie: „Weil ich diese 
Weife mich zu kleiden für anständiger halte, solange ich von Männern bewacht werde, und 
weil ihr mir das Wort auch nicht haltet." Dies wurde als Rückfall bezeichnet, und da sie 
standhaft behauptete, was sie während ihres Prozesses ausgesagt habe, sei wahr gewesen, 
wurde sie als rückfällige und hartnäckig im Irrtum beharrende Ketzerin auf dem alten Markt 
in Rouen auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Sie gab unter Anrufung des heiligen 
Namens -vSefu ihren Geist aus, am 30. Mai 1431, 19 Jahre alt. Ihre Asche wurde in die 
Seine geworfen. Karl \ II., der ihr seine Krone verdankte, hatte nichts getan, um sie ihrem 
unverdienten Schicksal zu entreißen. Später jedoch forderte die öffentliche Stimme die Revision 
de£ Prozesses, xchre Mutter Jsabella (der Vater war vor Kummer gestorben) und ihre 
beiden Brüder Johann und Peter baten den Papst Calixtus III. 1455 um Wiederherstellung
	        
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