I. Zeitraum 1789 -1815.
(Die Zeit der französischen Revolution und der
Herrschaft Napoleons.)
Die englische Revolution hatte in England neue Staatsformen
hervorgebracht. Die französische Revolution hat die politischen Wir-
kungen ihrer Vorgängerin vertieft und über fast ganz Europa ver-
breitet: sie hat aber darüber hinaus noch Bedeutung als soziale
Umwälzung durch Befreiung des dritten Standes, d. h. des Volkes.
Indem Napoleon Bonaparte, von der Revolution emporgehoben,
nach Art der römischen und mittelalterlichen Kaiser ein Weltreich
zu begründen suchte, rüttelte er die. fremden Völker auf; der Kosmo¬
politismus oder das Weltbürgertum des 18. Jahrhunderts mußte
einem lebhaften Nationalgefühl Platz machen. Die Freiheitskriege
wurden Volkskriege, in denen Napoleon unterlag.
1. Die französische Revolution. 1789—1799.
Frankreich vor der Revolution.
Die ständische Gesellschaft. In Frankreich gliederte sich das Volk,
wie in den anderen absoluten Staaten, in die drei Stände des Adels,
der Geistlichkeit sowie der Bürger und Bauern. Der Adel und die
hohe Geistlichkeit waren, wie im alten Lehnsstaat, fast steuerfrei, ob-
gleich sie zusammen zwei Drittel von Grund und Boden in Besitz
hatten. Schwer lasteten dagegen die hohen Steuern auf dem dritten
Stand, vor allem auf den kleinen Handwerkern und den leibeigenen
Pächtern; besonders die Pächter mußten geradezu unerschwingliche
Abgaben leisten und harte Frondienste verrichten; dabei waren sie
der willkürlichen Gerichtsbarkeit ihrer Gutsherren unterworfen.
Die Großkaufleute befanden sich in günstiger Lage, da im mer-
kantilistischen Zeitalter der Handel von staatswegen befördert wurde
und das bewegliche Vermögen ungerechterweise fast ganz steuerfrei
blieb. Verhältnismäßig gut ging es auch den freien Kleinbauern,
zumal man allmählich die merkantilistifche Überschätzung des Handels
auf das richtige Maß zurückführte. Eine neue Richtung, deren Ver-
Vr. u. K., Leitfaden der Geschichte. IV. 1