Object: Deutsche Geschichte von der Thronbesteigung Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

360 Neunter Zeitr. Von d. Wiederherstellung d. Deutschen Reiches bis z. Gegenwart. 
Verbindung mit dem Papsttum und der Kirche hervorgegangen, trug einen halb 
geistlichen Charakter (heiliges römisches Reich); sein Oberhaupt führte den 
Titel: römischer Kaiser. Das neue, durch den preußischen Staat vorbereitet 
und durch die vereinigte Kraft und den einmütigen Willen der deutschen Fürsten 
und Völker ins Leben gerufen, ist ein rein weltlicher Staat mit weltlichen 
Zwecken; sein Oberhaupt heißt deutscher Kaiser. Das alte Reich war eine 
WahlMonarchie; in dem neuen ist die Kaiserkrone mit der erblichen preußischen 
Königskrone verbunden und somit selbst erblich. 
In der besten Zeit des alten Reiches leitete der Kaiser die gesamte Reichs- 
Politik; er vertrat das Reich nach außen, war oberster Feldherr und berief den 
Reichstag; außerdem hatte er die oberste Gerichtsbarkeit. Im neuen Reiche hat 
der Kaiser ebenfalls eine leitende Stellung, jedoch keine oberstrichterliche Gewalt. 
Der Kanzler nimmt im alten wie im neuen Reiche eine Doppelstellung ein. 
Er ist oberster Rat des Kaisers und Vorsitzender der Versammlung der Reichs- 
stände, die ehemals Reichstag hieß, jetzt Bundesrat genannt wird. In seiner 
Hand laufen die Fäden der gesamten Reichsverwaltung zusammen. Diese ist 
im neuen Reiche viel umfangreicher als im alten; ihre Zweige heißen Reichs- 
ämter, die größtenteils von Staatssekretären geleitet werden. Die 
wichtigsten sind: das Reichsamt des Innern mit dem Reichsversicherungsamt, 
das Auswärtige Amt, das Reichsmarineamt, das Reichskolonialamt, das Reichs- 
Postamt, das Reichsschatzamt und das Reichsjustizamt. Der Bundesrat ist 
hervorgegangen aus dem Frankfurter Bundestage, wie dieser aus dem früheren 
Reichstage. Er ist zur Mitregierung des Reiches (Teilnahme an der Gesetzgebung 
und an der Verwaltung) berufen; doch sind seine Befugnisse genau abgegrenzt 
und die Stimmen (im ganzen 61) so verteilt, daß der Kaiser als König von 
Preußen mit 17 Stimmen ein schweres Gewicht in die Wagschale wirft. Neu 
ist in dem wiedererstandenen Reiche der Reichstag als die Vertretung des 
deutschen Volkes; er zählt 397 Mitglieder, die alle fünf Jahre auf Grund des 
allgemeinen, gleichen, unmittelbaren und geheimen Stimmrechts gewählt werden 
(vgl. S. 322). Wähler ist jeder Deutsche, der das 25. Lebensjahr zurückgelegt 
hat. Der Reichstag übt mit dem Bundesrate die Reichsgesetzgebung aus, stellt die 
Einnahmen und Ausgaben des Reiches fest und beaufsichtigt die Reichsverwaltung. 
Die Reichsgesetze gehen den Landesgesetzen vor. 
Neunter Zeitraum. 
Von der Wiederherstellung des Deutschen Reiches bis zur 
Gegenwart. Sicherung des Reiches nach außeu und Ausbau 
seiner inneren Einrichtungen. Überseeische Erwerbungen. 
1. Kaiser Wilhelm I. (18. Januar 1871 bis 9. März 1888). 
a) Maßregeln zum Schutze des deutschen Reichsgebietes und zur 
Erhaltung des europäischen Friedens. Wilhelm I. war als Kaiser 
unermüdlich darauf bedacht, den Frieden zu erhalten. In der Thronrede
	        
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