206 Dritter Abschnitt.
großen Einfluß auf das sittliche Leben der Römer übten, während
Livia, Julia, Messalina, Agrippina, Poppäa Sabina durch ihr
Benehmen die schamloseste Frechheit gut geheißen hatten.
Trajan tritt Nur gegen die Christen verfuhr Trajan unbegreiflich hart. Als
Christen^auf, nct$ Christi Tod (34) die Lehre des Heilands durch seine Apostel
rasch sich ausbreitete, schöpften zuerst die argwöhnischen Kaiser für
ihre Person Verdacht, als ob die neue Lehre den gewaltsamen
Umsturz der römischen Religion und Staatsverfassung bezwecke. Die
Christen beteten keine Götzenbilder an, kauften keine Opferthiere und
erschienen darum Vielen gottlos. Die heidnischen Priester, welche
die Götzenbilder anfertigten und verkauften, büßten von ihrem
Erwerbe und Ansehen nicht wenig ein und bestärkten die Kaiser und
das Volk im Hasse gegen die Christen. Schon Nero verfolgte sie
64 aufs grausamste; von Trajans Verfolgungen erzählt Plinius der
Jüngere, welcher (111) Statthalter in Bithynien war, in seinen
Briefen viel Interessantes.
Da die heidnischen Tempel leer standen und für feilgebotene
Opferthiere keine Käufer sich fanden, fo gab Trajan den Befehl,
keine geschlossenen Verbindungen zu dulden. Plinius schrieb einmal
in dieser Angelegenheit folgenden Bericht an Trajan:
Plinius „Ich habe eine große Anzahl von Christen von jedem Alter,
d1e°Christen Stand und Geschlecht in Untersuchung gezogen und bin ihrer großen
an Trajan. Anzahl wegen in Verlegenheit, wie ich gegen sie verfahren soll.
Darum berichte ich und erwarte Befehle. Bis jetzt habe ich es bei
denen, welche als Christen bezeichnet worden waren, auf folgende
Weise gehalten. Ich fragte sie, ob sie Christen wären. Wenn sie
gestanden, so fragte ich zum zweiten und dritten Male und drohte
ihnen mit der Todesstrafe. Wenn sie bei ihrem Bekenntnisse
beharrten, ließ ich sie hinrichten. Denn ich war überzeugt, daß, moch-
ten sie auch eingestehen, was sie wollten, ihr Ungehorsam und ihre
unbeugsame Hartnäckigkeit gestraft werden müsse. Andere, welche
von gleichem Wahne ergriffen waren, habe ich, weil sie römische
Bürger sind, aufzeichnen lassen, um sie nach Rom zu schicken. Andere
waren in einer Anklageschrift ohne Namensunterschrift fälschlich als
Christen angeklagt; diese ließ ich ledig. Wiederum andere bekannten,
sie seien früher Christen gewesen und an einem gewissen Tage vor
Tagesanbruch zusammengekommen, um Christus zu Ehren unter ein-
ander ein Lied zu singen; sie hätten einander eidlich gelobt, keinen
Diebstahl und keinen Raub zu begehen, die Ehe heilig zu halten,
kein anvertrautes Gut zu läugnen und seien hierauf gewöhnlich aus