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5. Kultur im Zeitalter der Reformation.
303. Die Städte. Jede Stadt gehörte ursprünglich einem welt—
lichen oder geistlichen Herrn (siehe 231). Aber allmählich gewannen die
Städter durch Kauf oder wohl auch durch siegreiche Kämpfe das Recht,
Rat und Bürgermeister zu wählen. Viele Städte verwalteten sich
wie Republiken ganz selbständig. Im 165. Jahrhundert war der Kampf
zwischen den Patriziern und den Zünften fast überall abgeschlossen und es
begann eine Zeit der Ruhe, des behaglichen Genusses, des Glanzes. Zum
Schutze des Handels waren die Bürger selbst waffentüchtig. Aneas Syl—
vius, Kanzler Friedrichs III., als Papst Pius II. genannt, schreibt im
15. Jahrhundert: „Die Knaben in Deutschland lernen eher reiten als
sprechen; der Mann aber trägt die Waffen so leicht wie seine Glieder.“
Abb. 62.
Deutsche Bürgerfrauen im 16. Jahrhundert
Mach Spamers Weltgeschichte.)
Aber auch Söldner wurden gehalten, die Warenzüge zu begleiten, und
Burgen weit hinaus erworben, um die Landstraßen zu sichern; das zur
Stadt gehörige Gebiet war in oft meilenweitem Umfang mit Wall und
Graben (der „Landwehr“) umgeben. Innerhalb der Stadtmauern selbst
war freilich der Raum beschränkt, so daß einer Feuersbrunst oder der Pest
in den winkligen, engen Gassen kaum Einhalt zu tun war. Aber auf den
Plätzen erhoben sich prächtige Kirchen und Rathäuser. Auch die Wohn—
häuser wuchsen mit dem zunehmenden Wohlstand an Größe und Schönheit.
Sie kehrten meist den Giebel zur Straße und waren hoch gebaut, mit turm—
artigen Dächern gedeckt, mit zierlichen Erkern, Schnitzwerk und sinnigen
Sprüchen geschmückt. Das Innere der Häuser zeugte von Geschmack
und Reichtum; kein Gastmahl, bei dem nicht aus silbernen Gefäßen ge—
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