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Erster Abschnitt.
faulen des Königs Amenhotep III. in sitzender Stellung. Jede der¬
selben ist aus einem einzigen Granitblock gebildet. Die nördlichste
wurde von den Griechen für eine Bildsäule ihres Helden Memnon
gehalten und führt deshalb den Namen Memnonsfäute.
S3ct einem Erdbeben (27 v. Chr.) brach der obere Teil derselben ab.
Von da an liefe die Säule beim Aufgang der Sonne (infolge der Erwär¬
mung und vielleicht einer damit verbundenen Ausdehnung loser Teilchen im
Innern) harmonische Töne vernehmen, welche die Griechen als den Morgen¬
gruß Memnons an feine Mutter, die Morgenröte, deuteten. Nach der Wieder¬
herstellung der Säule unter dem Römer Septimius Severus ist sie verstummt.
DBcItöfeit. Vor den Tempeln und Kvnigspalästen erhoben sich
prächtige Obelisken, viereckige, oben spitz zulaufende, bis zu 50 m
hohe Säulen aus einem Granitblock. Sie waren in den Oftgebirgen
Ägyptens hergestellt, auf Flößen den Nil hinab Befördert und auf
eigens dazu gegrabenen Kanälen an ihren Bestimmungsort gebracht
worden, wo sie, auf das feinste geglättet aufgerichtet und mit Schrift
bedeckt, die Thaten eines Königs verkündeten.
Mehrere dieser Obelisken sind zur Zeit des Kaisers Augustus nach Rom
gebracht und dort ausgestellt, später aber wieder gestürzt worden. 1584
kamen abermals vier derselben dorthin; andere stehen in Konstantinopel.
In Paris wurde 1834 ein Obelisk von 24 m Höhe ausgestellt, der sich bei
dem Dorfe Luxor befand; nach London wurde 1878 eine solche Säule ge¬
bracht und ausgerichtet, welche die „Nadel der Kleopatra" genannt wird;
seit 1881 hat auch Newyork einen ägyptischen Koloß.
Die Bildnerei und Malerei der Ägypter zeigt eine strenge Ge¬
bundenheit und entbehrt des Strebens nach den Idealen der Schön¬
heit. Die noch vorhandenen Bildsäulen der Könige sind bis auf
Kopf und Gesicht einander gleich und stellen die Könige sitzend oder
stehend in feierlicher Ruhe dar. Die halberhabenen Bildwerke (Re¬
liefs), womit Tempel, Paläste und Gräber geschmückt wurden, sind
Umrißdarftellungen auf vertieftem Grund. Ähnlich ist es bei der
Malerei. Diese tritt nicht selbständig, sondern im Dienste der beiden
Schwesterkünste auf, wo sie zu Dekorationszwecken benutzt wurde und
sich durch lebhaft glänzende Farben auszeichnet. Bei ihr, wie Bet der
Bildnerei erscheint die menschliche Gestalt seltsam verdreht, die Brust
von vorn, die üBrigen Teile des Körpers dagegen von der Seite;
das Gesicht ist ohne Geist und Leben. Es fehlt jegliche Abstufung
von Licht und Schatten. Beide Künste haben zu ihren Darstellungen
Vorgänge aus dem häuslichen und öffentlichen Leben gewählt; die
aufgefundenen Werke sind daher für die Kenntnis des ägyptischen
Volkslebens von großer Bedeutung.