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der Himmel gefegt und zeigte eine blanke, hochgelb schim¬
mernde Kuppel. Die Halme des Kornes standen so dünn und
zart, die wolligen Ähren pfeilrecht emporstreckend, wie ohn¬
mächtige Lanzen. Am andern Tage war es schön, und immer
schönere Tage kamen und schönere. Alles und jedes Gefühl
verstummte endlich vor der furchtbaren Angst, die täglich
in den Herzen der Menschen stieg. Nun waren auch gar
keine Wolken mehr am Himmel, sondern ewig blau und ewig
mild lächelte er nieder auf die verzweifelnden Menschen-
Auch eine andre Erscheinung sah man jetzt auf der Heide,
die sich wohl früher auch mochte ereignet haben, jedoch von
niemand beachtet; aber jetzt, wo viele tausend und tausend
Blicke täglich nach dem Himmel gingen, wurde sie als Un¬
glück weissagender Spuk betrachtet: nämlich ein Waides¬
und Höhenzug, jenseits der Heide gelegen und von ihr aus
durchaus nicht sichtbar, stand nun öfters sehr deutlich am
Himmel, daß ihn nicht nur alles sah, sondern daß man sich
die einzelnen Rücken und Gipfel zu nennen und zu zeigen
vermochte; und wenn es im Dorfe hieß, es sei wieder zu
sehen, so ging alles hinaus und sah es an, und es blieb
manchmal stundenlang stehen, bis es schwankte, sich in
Längen- und Breitenstreifen zog, sich zerstückte und mit eins
verschwand.
Die Heidelerche war verstummt; aber dafür tönte den
ganzen Tag und auch in den warmen, taulosen Nächten das
ewige, einsame Zirpen und Wetzen der Heuschreken über
die Heide und der Angstschrei des Kiebitz. Das flinke Wässer¬
lein ging nur mehr wie ein dünner Seidenfaden über die graue
Fläche, und das Korn und die Gerste im Dorfe standen fahl¬
grün und wesenlos in die Luft und erzählten bei jedem Hauche
derselben mit leichtfertigem Rauschen ihre innere Leere. Die
Baumfrüchte lagen klein und mißreif auf der Erde, die Blätter
waren staubig, und von Blümlein war nichts mehr auf dem
Rasen, der sich selber wie rauschend Papier zwischen den
Feldern hinzog.
Es war die äußerste Zeit. Man flehte mit Inbrunst zu
dem verschlossenen Gewölbe des Himmels. Wohl stand