9. von Fimmel und Hölle.
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Aber Petrus machte die Türe auf und ging fort, und als er den
eisernen Riegel draußen wieder vorschob, hörte er drinnen den Reichen immer
noch schluchzen: „In der Hölle, in der Hölle! Ich armer, unglücklicher Mensch!
Was soll aus mir werden?"
Und wieder vergingen hundert Jahre und aber hundert, und die Zeit 5
wurde dem reichen Manne so entsetzlich lang, wie niemand es sich auch nur
denken kann. Und als das zweite Tausend zu Ende kam, trat Petrus aber¬
mals ein. „Ach!" rief ihm der reiche Mann entgegen, „ich habe mich so
sehr nach dir gesehnt. Ich bin sehr traurig. Und so wie jetzt soll es immer
bleiben? die ganze Ewigkeit?" Und nach einer Weile fuhr er fort: „Heiliger io
Petrus, wie lang ist wohl die Ewigkeit?"
Da antwortete Petrus: „Wenn noch zehntausend Jahre vergangen sind,
fängt sie an."
Als der Reiche dies gehört, ließ er den Kopf auf die Brust sinken und
begann, bitterlich zu weinen. Aber Petrus stand hinter seinem Stuhl und ir>
zählte heimlich seine Tränen, und als er sah, daß es so viele waren, daß
ihm der liebe Gott gewiß verzeihen würde, sprach er: „Komm, ich will dir
einmal etwas recht Schönes zeigen! Oben auf dem Boden weiß ich ein
Astloch in der Wand; da kann man ein wenig in den Himmel hineinsehen."
Damit führte er ihn die Bodentreppe hinauf und durch allerhand 20
Gerümpel bis zu einer kleinen Kammer. Als sie in diese eintraten, siel
durch das Astloch ein goldener Strahl hindurch, dem heiligen Petrus gerade
auf die Stirn, so daß es aussah, als wenn Feuerflammen auf ihr brannten.
„Das ist vom wirklichen Himmel?" sagte der reiche Mann zitternd.
„Ja", erwiderte Petrus, „nun sieh einmal durch!" Aber das Astloch 25
war etwas hoch oben an der Wand, und der reiche Mann nicht sehr groß,
so daß er kaum hinaufreichte.
„Du mußt dich recht lang machen und ganz hoch aus die Zehen stellen",
sagte Petrus. Da strengte sich der Reiche so sehr an, als er nur iraend
konnte, und als er endlich durch das Astloch hindurchblickte, sah er wirklich 20
in den Himmel hinein. Da saß der liebe Gott auf seinem goldnen Thron,
zwischen den Wolken und den Sternen in seiner ganzen Pracht und Herrlich¬
keit und um ihn her alle Engel und Heiligen.
„Ach", rief er aus, „das ist ja so wunderbar schön und herrlich, wie
man es sich auf der Erde gar nicht vorstellen kann. Aber sage, wer ist denn 35
das, der dem lieben Gott zu Füßen sitzt und mir gerade den Rücken zukehrt?"
„Das ist der arme Mann, der auf der Erde neben dir gewohnt hat,
und mit dem du zusammen herausgekommen bist. Als ich euch auftrug,