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Den Frieden erlebte der Held nicht mehr. Im 35. Lebens-
jähr erlag sein zartgebauter Leib den Mühsalen und Kümmer- 1639
nifsen, ein Mann, '„auf Erd nicht meines gleichen", sang ein
Volkslied.
5. Jetzt hielt in dem „armen verderbten Deutschland rem
Feldherr mehr die „Soldateska" im Zaum. Trotz aller Ver-
schlechterung der Münze mangelte das Geld, den Sold zu zahlen.
Die Söldner wurden zu Räubern, die mit blutiger Hand selbst
nahmen, was sie brauchten, und das andere verdarben. Den
Wein ließen sie ausfließen, in die Betten nähten sie die Scherben
zerschlagener Töpfe; sie setzten den Bauern den „roten Hahn"
aufs Dach, zwangen sie durch „Radeln" (Einklemmen der Finger
unter den Hahn der Flinte), Ausammenpressen des Kopfes, Auf-
hängen im Ranch und andere Scheußlichkeiten, ihre vergrabenen
Wertsachen auszuliefern. Was half es, daß der Profoß dann
und wann einen der „Crabaten und Schnapphanen durch das
hänfene Fenster sehen ließ", „mit des Seilers Tochter kopu-
lierte!" Ganze Landstriche lagen öde; auf den Gaisen der ent-
völkerten Dörfer wuchs Gras; in den Kirchen hausten die Wölfe.
Die Heere fanden keine Nahrung mehr; Hunderte fielen der
Pest oder der rächenden Kugel des Landmanns zum Opfer;
Soldatenweiber warfen auf dem Marsch ihre Kinder weg, um
ihnen die Qualen des Verhungerns abzukürzen.
6. Nach jahrelangen Verhandlungen erfolgte zu Osnabrück
und Münster der „Westfälische Frieden". Die drei Be- 1648
kenntnisse (Katholiken, Lutheraner, Reformierte) wurden gleich-
berechtigt; sie sollten ihren Besitzstand vom 1. Januar 1624 be¬
halten. Die deutschen Fürsten erhielten als „Souveräne" die
Landeshoheit mit dem Rechte, Bündnisse zu schließen und Krieg
zu führen, mit wem sie wollten, nur nicht gegen den Kaiser.
Bayern behielt die Kurwürde; für die Nachkommen des im Elend
verdorbenen Pfalzgrafen Friedrich V. wurde eine achte Kur ge-
schaffen. Das Reich hatte kein Geld, kein Heer; es war nur
noch ein Schatten. Die eigentlichen Herren Deutschlands waren
Frankreich und Schweden als Bürgen des Friedens. Jenes
erhielt fast das ganze Elsaß, dieses Vorpommern stimt der Oder-
mündung und das Erzstift Bremen (ohne die Stadt) und das
Bistum Verden, d. h. das Mündungsland der Elbe und Weser.
Die Schweiz und die Niederlande wurden ausdrücklich als selb-
ständige Staaten anerkannt.
Keiner unserer Ströme mündete mehr auf deutschem Boden.
Der blühende Wohlstand unseres Vaterlandes, die geistliche und
sittliche Kraft unseres Volkes war geknickt auf Jahrhunderte.